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Mit Dieter Bohlen auf dem Titel läutete das RTL-Magazin „Stern“ den Untergang von 23 Zeitschriften ein

Es war wie ein intellektuelles Vorbeben, als das Magazin „Stern“ vor wenigen Wochen den DSDS-Rüpel Dieter Bohlen auf den Titel hob. Mit dem Pop-Titan von „Deutschland sucht den Superstar“ schwamm das ehemals links-engagierte Magazin voll im Fahrwasser einer neuen populär-seichten RTL-Welle. 

Ein solches Titelbild hätte es früher nicht gegeben. Vermutlich zu Recht befürchteten Kritiker, dass die seitenstarke, aber qualitätsarme Bohlen-Story („Aber sonst ist Dieter Bohlen ein ganz Lieber“) nur durch Anweisung von RTL auf das einst renommierte Blatt aus dem Gruner + Jahr Verlag gelandet war.

Keine Stern-Stunde: Wagenknecht Zeugin

Immerhin gilt Bohlen als das Ekel der Nation – und ist dabei nicht annähernd von der Qualität eines „Ekel Alfred“ aus Deutschlands TV-Historie. Er gilt als Hardliner unter den TV-Stars, der es besonders geschmacklos liebt und das in der RTL-TV-Sendung DSDS auch gerne zum Ausdruck bringt.

Vergeblich versuchte Stern-Chefredakteur Peter Schmitz in seinem wöchentlichen Editorial den schlechten Geschmack zu widerlegen: „Wir haben das Gespräch mit Bohlen gedruckt, weil es ein außergewöhnliches Gespräch war.“ Sogar die linke „Russland-Versteherin Sahra Wagenknecht (‚Wenn Bohlen Kanzler wäre, ginge es uns besser‘)“ habe ihn gelobt.

Keine Stern-Stunde: Klagen über Werbung

Die Leser*innen glaubten  das trotzdem nicht. Jede*r merkte, dass ein neuer Wind in der „Stern“-Redaktion weht. Seit das Magazin zu RTL gehört, wird kräftig Werbung für den RTL-Sender im Blatt gemacht. In ihren Briefen an den „Stern“ empörten sich die Leser*innen über die ungewohnten Paukenschläge. 

Mal war es Ex-Minister Guttenberg, dann Bohlen, der mit einer „Stern“-Titelstory für eine  RTL-Show trommelte. „Stern“-Kolumnist Beisenherz trommelte für das RTL-Dschungelcamp. Und schließlich trommelte man noch für eine RTL+-Reportage über Pflegekräfte aus der Ukraine.

Keine Stern-Stunde: 1000 Entlassungen

Wie groß der Einfluss von RTL auf Deutschlands Qualitätsmedien tatsächlich ist, konnten die Deutschen in dieser Woche auf einer Betriebsversammlung in Hamburg erleben. Neubesitzer RTL zerschlägt den Verlag Gruner + Jahr. 23 Zeitschriften werden eingestellt. Rund 1000 Redakteure, so die Süddeutsche Zeitung an diesem Mittwoch, werden entlassen.

Dabei hat man noch nicht einmal die freien Journalisten  mitgezählt. Wie in allen Redaktionen von Tageszeitungen, Print-Magazinen, TV, Hörfunk und Internet halten die in der Regel die Läden meist zu Dumpingpreisen am Laufen. Vermutlich findet hier ein noch größerer Kahlschlag statt. 

Keine Stern-Stunde: Weniger Journalismus

Es sind schlechte Zeiten für den deutschen Journalismus. Ein mediales Erdbeben, das sich mit der Bohlen-Titel-PR bereits angekündigt hatte. Bertelsmann- und RTL-Chef Thomas Rabe benötigte auf der Hamburger Betriebsversammlung für die Bekanntgabe des folgenreichen Kahlschlags im deutschen Medien-Wald nur zehn Minuten. 

Nach Bekanntmachung der RTL-Pläne gab es in Hamburg Protest und Kritik von zahlreichen Redakteuren  wie auch von der Gewerkschaft Verdi und dem Deutschen-Journalisten-Verband. Eine Katastrophe für den deutschen Journalismus, die noch Jahre nachwirken wird. Zwei GEO-Chefredakteure haben bereits fristlos gekündigt …

Foto: „Stern“-Titelbild mit Dieter Bohlen

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(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de

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