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Eine Talkshow nach dem Mord

Eigentlich wollte ich schon in der vergangenen Woche in dieser Kolumne über meine Erfahrungen als Gesprächspartner in der österreichischen Talkshow „Hangar-7“ in Salzburg berichten. Doch dann war mir die Flutkatastrophe und die Situation der Vermissten aktuell wichtiger.

In der Gesprächsrunde bei Hangar-7 ging es um den Tod der 13-Jährigen Leonie in Wien. Das Mädchen war zunächst vermisst gemeldet worden. Dann stellte sich heraus: Vier junge afghanische Flüchtlinge hatten das Kind getötet. Leonie wurde vor rund drei Wochen in der Wiener Wohnung eines afghanischen Flüchtlings zuerst unter Drogen gesetzt, vergewaltigt und dann tot an einem Baum abgelegt.

Könnte Leonie noch leben?

Die vier Tatverdächtige weisen – so der Sender ServusTV – jeweils die Schuld von sich. Sie werden aber durch Zeugen schwer belastet. Die Eltern von Leonie werfen den Behörden schwere Versäumnisse vor, zumal zwei der Verdächtigen längst hätten abgeschoben werden müssen.

Die Fragen von Moderator Michael Fleischhacker (Foto Mitte) in der Sendung: Könnte Leonie also noch leben? Wer trägt die Verantwortung für diesen tragischen Fall? Haben Politik und Behörden komplett versagt? Was läuft falsch im Asylwesen? Und was soll mit gewalttätigen Afghanen geschehen, in deren Heimatland Krieg, Armut und Gewalt herrschen, und die deshalb nur schwer abgeschoben werden können? Was muss sich jetzt ändern?

Die Gäste der Talkshow

Gäste der Talkshow waren Opfer-Anwalt Florian Höllwarth (Foto 2. v. links), der die Familie Leonies vertritt, die aufgrund massiver Behördenfehler eine Amtshaftungsklage gegen die Republik anstrebt. Die forensische Psychiaterin Heidi Kastner (links) fordert strenge Abschiebeverfahren für nicht integrierbare Flüchtlinge.

Rechtsanwältin und Imamin Seyran Ates (2. von Rechts) überlebte selbst nur knapp einen Mordversuch und warnt seit Jahren vor importiertem Frauenhass aus islamistisch geprägten Kulturkreisen. Ich selbst (im Foto rechts) war als Vermissten-Experte und Autor von Büchern über Opfer in unserer Gesellschaft zum Talk geladen.

Mit mir kein „Ausländer raus“

Über den Verlauf der Talkshow Hangar-7 kann sich jeder hier selbst ein Bild machen. Für mich stand schon vor der Sendung fest, dass ich mich nicht einem Ruf nach „Ausländer raus“ anschließen würde. Auch die Forderung nach einem „starken Staat“  fand nicht meinen Beifall. 

Ich weiß wohl, dass es beispielsweise Probleme in der Beziehung zwischen jungen, muslimischen Männern und einheimischen deutschen Frauen und Mädchen gibt. Dazu benötigen wir nicht nur eine gesellschaftliche Diskussion, sondern u.a. für die Flüchtlinge auch einen intensiven, starken Gesellschaft- und Sexualkunde-Unterricht.

Falsche Geschlechterrollen

Eine falsche, den Mann bevorzugende Erziehung, Sitten und Gebräuche im Heimatland, Gewalterfahrung und Missachtung der Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen in etlichen moslemischen Heimatländern führen zu einer falschen Einstellung mancher jungen Flüchtlinge gegenüber deutschen oder österreichischen Mädchen und Frauen.

Eine Veränderung des Bewusstseins der jungen moslemischen Männer kann allerdings nicht von heute auf morgen stattfinden. Da braucht es auch spezielle Integrationsprogramme in den Flüchtlingsheimen und -familien. Auch Medienkampagnen in den Heimatsprachen der Zielgruppen. Und durchsetzungsstarke Resozialisierung der Täter in den Gefängnissen.

Eine gesellschaftliche Diskussion

Vielleicht schaut ihr euch die Talkshow aber selbst an – dort hört ihr viele meiner Argumente und die der anderen Gesprächspartner*innen. Eine Bekannte schilderte mir ihre Eindrücke von der Sendung so: „Ich bewegte mich irgendwo zwischen Frustration und Traurigkeit. Also erstmal das grundsätzliche Problem, dass in Talkshows eigentliche kein Austausch stattfindet, sondern Monologe gehalten werden.“

Sie fand auch, dass ich bei meinen Gesprächspartner*innen mit meiner Sichtweise auf verlorenem Posten gestanden habe: „Keiner hörte dir zu und versuchte das Problem, wie du richtig sagtest, in seiner Gesamtheit zu begreifen und auf (Re)sozialisierung zu setzen.“ 

Über Lösungswege sprechen

Die Bekannte meinte auch: „Da hätte man super über Lösungswege sprechen können, anstatt sich eine gute Stunde aufzuregen. Was mich auch extrem gestört hat war dieser Fokus auf  ‚die Afghanen‘ mit Statistiken zu deren Gewalttaten und Fotos von afghanischen Flüchtlingen, bis hin zu einem Foto von einer Burka-Trägerin. Damit schürt man doch ein unnötig verallgemeinerndes Feindbild gegen diese Menschen.“

Insgesamt fand ich die Talkshow Hangar-7 wichtig als Anstoß für eine gesellschaftliche Diskussion über eine reine Kriminalgeschichte hinaus. Wer  sich den Talk im Internet ansieht und eine Meinung dazu hat, kann mir gerne schreiben an: jamin@jamin.de

#Düsseldorf #jaminautor #BlogAufEinenCappuccino  #hangar-7  # Flüchtlinge #Medien #MordundTotschlag #Leonie

(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de)

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