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Luftfilter-Affäre (II): Alles heiße Luft?!

Ich berichtete bereits in meinem Blog in der vergangenen Woche über die Luftfilter-Affäre in der Düsseldorfer Stadtverwaltung. Da wird aus einem eigentlich recht einfachen Kauf von 4.000 Luftfilter-Anlagen für die Düsseldorfer Grundschulen zum Preis von rund 4,5 Millionen Euro trotz monatelanger Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft ein undurchsichtiger Kriminalfall ohne richtigen Täter und Ankläger.

Ich befasse mich darum in diesem Blog einmal mit den Fakten und den Ungereimtheiten in dieser Affäre. Denn immerhin gibt es bereits ein Opfer: nämlich den der Korruption beschuldigten stellvertretenden Leiter des Schulverwaltungsamts in meiner Lieblingswohnstadt Düsseldorf. Der 40-jährige Stadtmanager wurde – meiner Meinung nach von der Bild-Zeitung ziemlich rufschädigend orchestriert – von Oberbürgermeister Keller aus seinem Job im März 2021 entlassen. Mit gravierenden Folgen für dessen berufliche Existenz.

Eine nebulöse Affäre

Zumindest sieht die Korruptions-Affäre auch rund ein halbes Jahr nach diesem irritierenden Vorgehen der Düsseldorfer Stadtspitze noch immer so nebulös aus wie am ersten Tag. Ausgelöst wurde der Wirtschaftskrimi hinter den gelegentlich zu robusten Mauern des Rathauses (Foto) im Januar 2021 durch die Antikorruptionsbeauftragte der Stadt. Die erstattete beim Landeskriminalamt NRW Strafanzeige. Das LKA setzte anschließend Mitarbeiter des Düsseldorfer Polizeipräsidiums auf die Fährte.

Der Vorwurf: Der stellvertretende Leiter des Schulverwaltungsamts habe bei einem Hamburger Lieferanten ein paar Tausend Luftfilter für die Düsseldorfer Schulen bestellt und dabei private und berufliche Interessen miteinander verquickt. Denn die Firma seiner Ehefrau hatte mit dem Lieferanten aus der Hansestadt – wie auch mit anderen Firmen – enge Geschäftsbeziehungen. Also ein Fall von Korruption. Das ist richtig böse – wenn der Vorwurf denn stimmt?!

Unbeantwortete Fragen

Grundsätzlich muss man sich allerdings in dieser undurchsichtigen Luftfilter-Affäre fragen, worauf sich denn überhaupt der Korruptionsverdacht gegen den stellvertretenden Leiter des Schulverwaltungsamts gründet?! 

  • Was veranlasste die Antikorruptionsbeauftragte der Düsseldorfer Stadtverwaltung Anzeige bei der Polizei zu erstatten? 
  • Was veranlasste Oberbürgermeister Keller seinen bewährten Mitarbeiter Knall auf Fall rauszuschmeißen? 
  • Und was sollte denn eigentlich die Staatsanwaltschaft veranlassen aus dem Stadium von Anfangsverdächtigungen nunmehr vertiefend gegen den Beschuldigten zu ermitteln und dann eine Anklage zu formulieren?

Das ist die Faktenlage

Hat der beschuldigte Stadtmanager oder seine Ehefrau eine Provision von der Hamburger Lieferfirma der Luftfilter kassiert? 

Nein. Dafür gibt es keinen Beweis.

Hat der beschuldigte Stadtmanager seine Vorgesetzten getäuscht, indem er die geschäftliche Beziehung seiner Ehefrau zu dem Luftfilter-Lieferanten verschwieg?

Nein. Der Beschuldigte hat einen Vorgesetzten über die geschäftlichen Beziehungen zwischen der Firma seiner Frau und dem Hamburger Luftfilter-Lieferanten informiert. Auch andere Personen in der Stadtverwaltung und einem städtischen Tochterunternehmen waren offensichtlich informiert.

Ist die Stadt Düsseldorf durch das Vorgehen des Stadtmanagers finanziell oder ideell geschädigt worden? 

Nein. Es fand eine korrekte Ausschreibung für die Lieferung der Luftfilter statt, an der sich mehrere Unternehmen beteiligten. Der Hamburger Lieferant schickte das günstigste Angebot und war als einziger Anbieter lieferfähig.

Wäre es für den beschuldigten Stadtmanager leicht gewesen, die Luftfilter bei einer anderen Firma zu beschaffen?

Nein. Im vergangenen Jahr war wegen Corona der Markt in Deutschland für Produktion und Beschaffung von Luftfiltern für Schulen sehr angespannt. Eine Lieferung musste im vergangenen Jahr – mit Blick auf die Gesundheit der Düsseldorfer Schüler*innen – schnell erfolgen.

Hat der Stadtmanager gegen Vergabevorschriften verstoßen und  in diesem  Zusammenhang den Arbeitgeber getäuscht und Mitbewerber benachteiligt? 

Nein. Mit Untersuchung und Beschluss der Vergabekammer Rheinland vom 26. April 2021 (Aktenzeichen VK – 10/2021 – L) wurde ein Nachprüfungsantrag abgelehnt. Ein Mitbewerber hatte eine Nachprüfung des Vergabeverfahrens beantragt, weil er die Rechtmäßigkeit der Vergabe des Luftfilter-Auftrags bezweifelte.

8 Monate Vorermittlungen

Herausgekommen ist beim Stochern im vermeintlich vorhandenen Korruptionssumpf bislang offensichtlich nicht sehr viel: 

  • Obwohl die Polizei seit Januar ermittelt, gibt es bis heute keine Anklage. 
  • Erst fünf (!) Monate nach Start der Ermittlungen wurde eine Hausdurchsuchung bei dem Beschuldigten vorgenommen. Dabei wurden meinen vertraulichen Quellen zufolge keine Beweise gefunden, die den Beschuldigten belasten.
  • Auch wurden bislang offensichtlich keine (!) Zeugen verhört .
  • Auch der Stadtmanager selbst wurde bislang nicht verhört. 

Der vermeintliche Korruptionsfall steckt also noch immer in einer Art Vorermittlung der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft fest. Dabei wird ein sogenannter Anfangsverdacht überprüft. Es stellt sich jedenfalls dringend die Frage, ob die Vermutung einer Straftat inzwischen überhaupt durch Tatsachen begründet werden konnte? Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln immerhin schon acht Monate.

Fragen an den Staatsanwalt

Sehr komplex können sich jedenfalls die Ermittlungen nicht gestalten, sonst hätte die Polizei eine Sonderkommission eingerichtet. Polizei und Staatsanwaltschaft sind allerdings auch verpflichtet entlastende Tatsachen zugunsten des Beschuldigte zu ermitteln – war die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft vielleicht dabei erfolgreich?

Darum habe ich am Montag bei der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft folgende Fragen gestellt:

  1. Können Sie mir mitteilen, welche Ergebnisse die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bislang erbracht haben? Haben sich die Verdachtspunkte bestätigt und liegen nunmehr Tatsachen für die Schuld des Beschuldigten vor? Oder gibt es Belege für die Unschuld des mutmasslichen Täters?
  2. Zu welchem Termin etwa rechnet die Staatsanwaltschaft damit voraussichtlich Klage zu erheben?

Die Antwort der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft: „Die Ermittlungen dauern derzeit noch an. Weitere Auskünfte zum laufenden Verfahren können nicht gemacht werden.“

Euro gegen Stillschweigen

Okay, diese Hinweise kennt man. Es deutet einiges darauf hin, dass die Luftfilter-Affäre gar kein Korruptionsfall ist, sondern eher die Verkettung einiger unglücklicher Ereignisse. Möglicherweise kommt also bei dieser Luftfilter-Affäre am Schluß nur heiße Luft heraus. Viele Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften in NRW werden ja mangels Beweise eingestellt.

Offensichtlich sieht auch die Düsseldorfer Stadtspitze, dass das Verfahren gegen den ehemaligen Stadtmanager ein Rohrkrepierer werden könnte. Immerhin soll es ein erstes Sondierungsgespräch von Anwälten darüber gegeben haben, wie man den Streit um die fristlose Kündigung des gefeuerten Stadtmanagers mit einem Batzen Euro – vermutlich möglichst stillschweigend – erledigen könnte. 

250.000 Euro Entschädigung

Allerdings wird das mehr kosten als die angeblich im Raum stehenden 50.000 Euro Entschädigung.  Meines Erachtens dürfte es letztlich um eine Viertel Million Euro Entschädigung für den von der Stadt jahrelang gut dotierten Manager gehen. Schadensersatz für entgangene Gehälter und die Rufschädigung, Kosten für Rechtsanwälte und Gutachter – da kommen ordentliche Summen zusammen. Es wird sich zeigen wie viel, denn Ende November 2021 steht wegen der Kündigung der Prozess vor dem Arbeitsgericht an. 

In der vergangenen Woche 

berichtete ich ja darüber, dass der Mann fristlos entlassen worden ist. Dann wird sich zeigen, ob die Entscheidung von Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller wirklich klug war, einen durchsetzungsstarken und bewährten Manager ohne handfeste Beweise vor die Tür des Rathauses zu setzen. 

Und ein echter Skandal

Was aber ziemlich sicher ist: Die Luftfilter-Affäre wird wegen der ungeschickten Vorgehensweise der Stadtspitze sehr teuer – für den Steuerzahler. Und für die Gesundheit der Düsseldorfer Grundschüler. Die Luftfilter-Geräte reinigen mit UV-Strahlen die Luft und sollen so auch Corona-Viren abtöten. 

Allerdings wurde der Einbau von etwa 3000 Luftfilter-Anlagen durch die Stadtverwaltung wegen der Korruptionsermittlungen und der Überprüfung der Vergabe zunächst gestoppt. Rund ein Drittel der Luftfilter-Systeme waren da erst eingebaut. Selbst heute sind noch nicht alle Schulen mit den Luftfiltern ausgestattet. Das ist ein echter Skandal, setzt man doch damit die Gesundheit der Schüler*innen auf’s Spiel.

In der nächsten Folge III zur Luftfilter-Affäre am Freitag, 3. September 2021, lesen Sie: Wo ist DER VERSCHWUNDENE BRIEF an ein prominentes Mitglied des Düsseldorfer Schulausschuß’, mit dem die Luftfilter-Affäre begann?

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Foto: Stadt Düsseldorf LHD Ingo Lammert

(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de

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