Trotz Weltmeisterschaft bleibt der Skandal um die Fußball-Nationalspieler Ilkay Gündogan und Mesut Özil weiter im Blickpunkt der Fans und der Öffentlichkeit. Die Fans pfeifen voraussichtlich die beiden Nationalspieler auch während der WM-Spiele aus und die Medien bekommen regelmäßig neues Futter. Gerade erst meldete sich Ex-Profi Stefan Effenberg zu Wort. Der 49-Jährige ist der Meinung, dass man Gündogan und Özil nicht mit nach Moskau hätte nehmen sollen. So füttert man die Skandale in der Fußballwelt.
Der Ex-Nationalspieler sagte dem Internetportal t-online.de: „Wenn man auf gewisse Werte setzt, so wie das der DFB immer wieder vermittelt, dann kann die Entscheidung eigentlich nur so ausfallen, dass man die beiden Spieler rauswirft.“
Das sind harte Worte für einen, der es wissen muss. Effenberg hat ja selbst ordentlich Skandal-Potential während seiner Zeit in der Nationalelf gehabt.
Effenbergs Stinkefinger
Denken wir nur an Effenbergs Stinkefinger. WM 1994. Als Stefan Effenberg seinen Frust über die Reaktionen der unzufriedenen deutschen Fans beim Vorrundenabschluss gegen Südkorea raus ließ. Er streckte seinen dadurch weltberühmt gewordenen Mittelfinger in die Luft und wurde von Nationaltrainer Berti Vogts nach Hause geschickt.
Das war die richtige Reaktion. Denn strafrechtlich erfüllt der Finger sogar den Tatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB – Tausende Fans hätten also gegen den Fußballstar wegen Beleidigung klagen können. Scherz beiseite, auch wenn schon Madonna, Silvio Berlusconi oder Johnny Cash der Welt ihren frechen Mittelfinger gezeigt haben – so etwas geht gar nicht.
Fans werfen mit Dosen
Aber auch die Fans bieten immer wieder Grund zur Aufregung – auf die rechtsradikalen Trommler muss man dabei gar nicht erst eingehen. Dosenwerfen wird es garantiert nie zu einer sportlichen Disziplin schaffen, trotzdem üben sich Fußballfans immer wieder in diesem Wettkrampf.
Einer der berühmtesten Dosenwürfe fand am 20. Oktober 1971 statt. Eine Cola-Dose traf den Inter-Mailand-Stürmer Roberto Boninsegna beim Spiel in Mönchengladbach. Der stürzte wie von einem Hammer getroffen zu Boden und wurde wie ein Halbtoter vom Platz getragen. Der holländische Schiedsrichter Jef Dorpmans brach das Spiel daraufhin ab und ging in seine Kabine.
Doch auf Anraten eines Kriminalbeamten, der auf die Unruhe unter den rund 8000 Italienern verwies, ließ er schließlich weiterspielen, und die Borussia gewann mit 7:1. Der damals verhaftete deutsche Tatverdächtige behauptet bis heute, die Dose nicht geworfen zu haben. Das Rückspiel verlor die Borussia übrigens mit 2:4, das Hinspiel wurde annulliert und auf neutralem Boden wiederholt. Nach einem 0:0 in Berlin schieden die Gladbacher aus. Immerhin, vierzig Jahre später gab der holländische Referee die Dose zurück – sie befindet sich im Borussia-Museum.
Skandale in der Fußballwelt
Ist Fußball eine so ernste Sache, dass es zu solchen Ausschreitungen und Skandalen kommen muss? Aber klar! Der Fußball kennt weltweit die größten und schönsten Skandale. Allein in Deutschland verfügen wir über endlose Listen. Kleine und große Skandale in der Fußballwelt. Wir leben in einer Welt voller Skandale und ergötzen uns an ihnen.
Erst recht, wenn wir dabei auch noch so richtig was zu lachen haben. Beispielsweise beim berühmtesten Torbruch der Bundesliga. Am 3. April 1971 brach auf dem Bökelberg ein Holztor mitten im Spiel und kostete Borussia Mönchengladbach letztlich den Sieg, aber beinahe auch die ganze Meisterschaft.
Der DFB wertete nämlich drei Wochen nach dem Torbruch das Spiel mit 2:0 für Werder, und die Borussia musste eine Geldstrafe in Höhe von 1500 D-Mark zahlen. „Ein Bundesligaklub ist eben kein Dorfverein“, hieß es in der Begründung. Ein solcher Verein müsse dafür sorgen, dass ein Tor nicht zusammenbricht.
Schwachpunkte der Menschen
Skandale legen die Schwachpunkte von Menschen wie Institutionen bloß. Es gibt skandalöse Ereignisse und Taten, Gesten und Feststellungen. Es sind Verletzungen des guten Geschmacks, empörende Regelwidrigkeiten, Gesetzüberschreitungen. Ein Skandal ist ein herzhaft Süppchen aus Gut und Böse, das vielen gut schmeckt, weil andere darin ein Haar oder es versalzen finden.
Man hat das Gefühl, Menschen benötigen Skandale wie ihr täglich Brot. Der Vorteil: Beim großen Fußball – wie auch in der Politik – sind die kleinen Leute selten direkt betroffen. Sie sind die Guten und dazu noch dank der Medien gut informierte Zaungäste.
Rudi Völler bespuckt
Denken wir nur einmal an die Spuckattacke von Frank Rijkaard gegen Rudi Völler bei der WM 1990. Sie hängt dem Deutschen noch immer an, obwohl er doch nur das Opfer war. Auch wenn es nicht wehgetan hat – wer angespuckt wird, ist oft auch der Blamierte, weil ein Mann mit Spucke am Körper wahrlich belämmert aussieht.
Es war jedenfalls beim WM-Achtelfinale in Mailand, als die Rivalen Deutschland und Niederlande sich wieder einmal kraftstrotzend gegenüberstanden. In der 22. Spielminute passierte es dann: Rijkaard foult Völler und Schiedsrichter Juan Carlos Loustau notiert die Gelbe Karte für den Holländer. Der dachte wenige Sekunden später, der Schiedsrichter könne ihn nicht sehen, und spuckt dem deutschen Spieler ins lockige Haar.
„Suppenkaspar“ Beckenbauer
Häufig sind Skandale in der Fußballwelt übrigens privater Natur, nur gelegentlich berühren sie die Belange von Vereinen oder gar des Weltfußballs. So geschehen in den Anfangsjahren von Franz Beckenbauer als Nationaltrainer bei der Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko.
Angeblich bezeichnete ihn damals Ersatztorwart Uli Stein mit Blick auf dessen Suppenwerbung in den 1960er-Jahren als „Suppenkasper“. Daraufhin warf DFB-Präsident Hermann Neuberger den Lästerer aus der Mannschaft. Gegen die Behauptung, dass er die Nationalmannschaft als „Gurkentruppe“ bezeichnet habe, wehrte sich Uli Stein damals – das wäre Matthias Herget gewesen.
Skandale sind eben spannend
Bleibt die Frage, warum sich unsere Aufmerksam bei einem Skandal verstärkt, warum wir sofort unsere Ohren spitzen. Einfach ausgedrückt: weil die Menschen Skandale so mögen und weil sie neugierig sind. Weil sie dadurch spannende Themen haben, über die es sich zu reden und aufzuregen lohnt. Weil man auf andere mit dem Finger zeigen, sich selbst als Guten und den anderen als Bösen hinstellen kann. Ein Trost also: Wenn die WM 2018 in Moskau für uns Deutsche langweilig wird, weil die Nationalmannschaft versagt, dann können wir uns wenigstens über Gündogan und Özil weiter aufregen…
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(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de)