In dieser Kolumne geht es um politische Kommunikation, die möglichen Missverständnisse sowie ihre Folgen. Wenn zwei Stadtrat-Fraktionschefs (Tups + Czerwinski) von zwei in einer Stadt gemeinsam regierenden Parteien (CDU + Grüne) sich zu einem brisanten Projekt (Deichgaragen im Landschaftsschutzgebiet) öffentlich äußern, darf man eigentlich voraussetzen, dass in den Hinterzimmern der Politik bereits wichtige Weichen (etwa für Machbarkeitsstudie + Realisierung) gestellt wurden. Alles andere wäre ja auch Geld-, Energie- und Zeit-Verschwendung sowie politischer Kommunikations-Murks.
Einigkeit zwischen den Koalitionspartnern schien offensichtlich gegeben, als die Rheinische Post in großer Aufmachung in meiner Lieblingswohnstadt Düsseldorf am 1. Mai berichtete, der CDU-Fraktionschef im Stadtrat, Rolf Tups, wolle prüfen lassen, ob man im Landschaftsschutzgebiet am Oberkasseler Rheinufer Pkw-Bunker mit 500 Stellplätzen in den Deich einbetonieren könne. Der Grünen-Fraktionschef im Stadtrat, Norbert Czerwinski, sei für die Machbarkeitsprüfung, und er könne sich die Realisierung des Projekts – so die RP – „auch vorstellen“.
Schlecht für Öko-Partei
Darüber und über die Folgen eines solchen Landschafts-schädigendes Mammutprojektes habe ich in meiner letzten Kolumne am 5. Mai im Wirtschaftsmagazin Business-on(.)de und auf meiner Autoren-Website jamin.de berichtet. Soweit – so schlecht für das Ansehen der Grünen als Öko-Partei.
Denn weitere Recherchen und Reaktionen der Grünen ergaben inzwischen ein gänzlich anderes Bild. Offensichtlich lassen die Grünen den CDU-Mann Rolf Tups allein im Regen, oder besser: auf der Deichkrone, stehen. Oder vielleicht stand er dort auch schon immer allein.
CDU-Mann Tups schweigt
Denn inzwischen wollen die Grünen von den Deichgaragen-Plänen nichts (mehr) wissen oder gewußt haben. Oder sie haben die CDU-Pläne immer abgelehnt, aber die Rheinische Post hat den Grünen-Fraktionschef falsch zitiert bzw. ihn mißverstanden. Mein Eindruck inzwischen: CDU-Tups hat die Grünen nicht in seine Deichgaragen-Pläne eingeweiht und deswegen jetzt einen Koalitionskrach am Hals.
Der CDU-Fraktionschef Tups, der leicht ein wenig Licht in das politische Dunkelfeld hätte bringen können, schweigt jedenfalls auf diese, meine Anfrage: „Gab es vor dem Bericht in der RP am 1. Mai bei Kontakten mit den Grünen Absichtserklärungen, dass die Grünen oder Mitglieder der Grünen-Bezirks- und/oder Ratsfraktion ihre Deichgaragen-Pläne unterstützen würden?“
Tatsachen-Verdrehung
Dagegen sind die Grünen erheblich auskunftsfreudiger. Der Grünen-Fraktionssprecher in der für die Oberkasseler Deiche zuständigen Bezirksvertretung 4, Markus Loh, schrieb mir in einem Facebook-Chat als Reaktion auf meinen ersten Blog voller Entrüstung: „Die Auffassung, dass wir Grüne für eine Deichgarage sind, ist nicht richtig dargestellt. Sie hatten Norbert Czerwinski per Mail angeschrieben. Er hat Ihnen geantwortet, und zwar so, dass er sich eine Deichgarage nicht vorstellen kann. Er hat die Idee von Herrn Tups auch als absurd bezeichnet. Sind Sie also bitte so freundlich und stellen die Haltung von uns Grünen zur Deichgarage richtig dar und verdrehen nicht unsere Aussage!“
Das sind scharfe Worte, die mich ziemlich mürrisch stimmen. Ich denke nicht, dass er sich in diesem rüden Ton – falls überhaupt – auch bei dem Verursacher der möglicherweise falschen Nachrichtenlage, der Rheinischen Post, beschwert hat. In meiner Antwort im Facebook-Chat an Markus Loh habe ich deswegen Folgendes geantwortet: „Ich habe bereits in meiner Bitte um Stellungnahme an Herrn Czerwinski geschrieben, dass ich am kommenden Freitag auf das Thema eingehe. Ihren Protest gegen eine Verdrehung ihrer Aussage müssen Sie allerdings an die Rheinische Post richten. Die hat, wie Sie wissen, am 1. Mai ihren Fraktions-Vorsitzenden dahin gehend zitiert, dass er sich die Deichgaragen im Naturschutzgebiet vorstellen könne. Aber ich kann Sie beruhigen, über diese Wirrnisse in der politischen Kommunikation berichte ich am kommenden Freitag gerne in meinem Blog.“
Grüne: Tups-Plan absurd
Und das will ich an dieser Stelle auch gerne machen. Offensichtlich hat es in der Kommunikation zwischen dem Grünen-Fraktionschef, Norbert Czerwinski, und dem Reporter der Rheinischen Post, Alexander Esch, Missverständnisse gegeben. Jedenfalls schrieb mir Norbert Czerwinski am Montagmorgen, also mehr als eine Woche nach dem RP-Bericht und drei Tage nach meiner ersten Kolumne zur Deichgaragen-Affäre, in seiner Stellungnahme: „Ich wurde von der RP angerufen und zu den Plänen von Herrn Tups befragt. Ich habe gesagt, dass ich das absurd finde und mir nicht vorstellen kann, dass es ökonomisch Sinn macht, dass es städtebaulich verträglich ist und dass die Naturbelange berücksichtigt werden können.“
Den weiteren Verlauf des RP-Interviews schildern Czerwinski so: „Auf die Frage, ob wir das denn prüfen würden, habe ich gesagt, dass wir uns grundsätzlich alles anhören, was es an Ideen gibt, ich mir aber ehrlich nicht vorstellen kann, was das soll. Daraus abzuleiten, dass wir das grundsätzlich gut finden, ist eine ziemliche Verdrehung. Wir Grüne werden uns in den nächsten Tagen ausführlicher äußern, in Absprache auch mit den Grünen vor Ort.“
Verwirrende Kommunikation
Es scheint sich also bei den Grünen in Düsseldorf ein wenig Ärger mit dem CDU-Koalitionspartner und der Rheinischen Post anzuhäufen. Für eine Partei, die eigentlich für Natur- und Landschaftsschutz steht, macht es sich nicht gut, wenn man Sympathien für 500 Pkw-Stellplätze in Mammut-Garagen in einem Landschaftsschutzgebiet zeigt. Das verwirrt die Parteimitglieder ebenso wie die Wählerschaft.
Dabei geht es in diesem politischen Kommunikations-Wirrwarr zunächst einmal nur um zwei Worte aus dem Bericht der Rheinischen Post: Der Grünen-Fraktionschef könne sich das Projekt Deichgarage „auch vorstellen“. Das ist nun wirklich keine Absage an das CDU-Projekt. Es ist vielmehr eine freundliche Umschreibung, dass man die Pläne des CDU-Partners in der Rats-Koalition positiv sieht und sich eine gemeinsame Realisierung vorstellen kann.
Wessen Darstellung stimmt?
Bleibt letztlich die wichtige Frage: Wessen Darstellung stimmt? Die der Grünen oder die des Rheinische-Post-Redakteurs. Der hatte in seinem Artikel am 1. Mai (siehe Foto) geschrieben – und bislang nicht widerrufen: „Vom Kooperationspartner kommt spontan immerhin keine Ablehnung. Norbert Czerwinski, Sprecher der Grünenfraktion, zeigt sich aber skeptisch, ob die Umsetzung möglich sei. Falls das Projekt aber technisch, wirtschaftlich und auch rechtlich machbar sei, könne er es sich auch vorstellen“.
RP-Redakteur Alexander Esch hat auf meine Bitte um eine kurze Stellungnahme zum Wahrheitsgehalt seiner Informationen nicht geantwortet, – was ja bekanntlich auch eine Auskunft ist. Auch hat er sich bisher nicht in seiner eigenen Zeitung geäußert. Offenbar nimmt er diese Deichgaragen-Affäre nicht so wichtig wie die Grünen-Politiker.
Guter Rat für Politiker
Ich möchte allen Politikern den guten Rat geben: Wenn Sie gegen ein Projekt sind, sagen Sie klar und einfach „Nein, ich bin dagegen!“. Dann gibt es auch keine Missverständnisse in der politischen Kommunikation. Dass klare Kante möglich ist, haben die Grünen inzwischen ja bewiesen: Für sie ist das CDU-Projekt „Deichgaragen“ schlicht „absurd“.
Und absurde Projekte werden die Grünen sicher nicht mehr weiter verfolgen – hoffe ich. Doch angesichts der jüngsten Grünen-Totalabsage an die Deichpläne von CDU-Fraktionschef Tups, die am Donnerstagnachmittag kurz vor Redaktionsschluss in meinem Mail-Postfach landete, bin ich sicher, dass bis zur nächsten Kommunalwahl im Jahr 2025 erst mal Ruhe in dieser leidigen Sache ist. In einer ausführlichen Pressemitteilung stellen die Grünen am Freitagnachmittag u. a. fest, die Deichgaragen seien „ein Fata-Morgana-Projekt, das immer wieder beschrieben wird, aber keiner ernsthaften Prüfung je standhalten würde“.
Von mir gibt es trotzdem in meiner nächsten Freitags-Kolumne eine Fortsetzung: Deichgaragen III. Teil befasst sich mit CDU-Fraktionschef im Stadtrat, Rolf Tups, und der aktuellen und garantiert nachhaltigen Totalabsage an dessen Deichgaragen-Projekt durch die Grünen-Partei.
Foto: Ausriss des Artikels in der Rheinischen Post vom 1. Mai 2023 mit CDU-Fraktionschef Rolf Tups auf dem Düsseldorf-Oberkasseler Rheindeich, in den er gerne 500 Pkw-Stellplätze einbetonieren möchte.
#Düsseldorf #jaminautor #BlogAufEinenCappuccino #DeichgaragenOberkassel #GrüneCDUKoalition #AbsurdesProjekt
(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de)