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Bürokratie-Hammer: Staatsgeheimnis wegen Rezepte aus Olaf Scholz‘ Küche

Es gibt bestimmt viele Beispiele für ausufernde Bürokratie in Deutschland. Das Beste bietet jetzt das Bundeskanzleramt von Olaf Scholz. Es geht um eine wirklich simple Angelegenheit: Da fragt ein Bürger über die Internet-Plattform „FragdenStaat“ im Bundeskanzleramt an, ob man ihm die Rezeptsammlung aus der Küche des Bundeskanzlers übersenden könne.

Otto Normalverbraucher denkt jetzt, dass eine Antwort darauf recht einfach ist: Entweder kommt ein Brief mit einer Ablehnung, weil die Menü-Arrangements des Kanzlers Olaf Scholz höchst geheim sind – schließlich könnte man aus dem ein oder anderen Rezept schließen, ob der Kanzler häufiger Magenprobleme wegen der Koalition hat. Oder es kommt ein Stapel Papier oder eine PDF-Datei mit der Sammlung der Rezepte.

Aus Wunsch wird langer Vorgang

Doch Olaf Scholz Küchenmeister schaffen es, aus diesem einfachen Wunsch einen monatelang dauernden Vorgang zu machen. Am 26. März dieses Jahres fragte der hier anonymisierte Bürger per Mail: „Guten Tag, bitte senden Sie mir Folgendes zu: Rezeptsammlung der Küche des Bundeskanzleramtes …“.

Im weiteren Text wurde noch in langen bürokratischen Formulierungen darauf hingewiesen, dass dies u. a. „ein Antrag auf Zugang zu amtlichen Informationen nach § 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG) sei“.

Kosten bis zu etwa 125 EUR

Noch am selben Tag antwortete das Bundeskanzleramt u. a.: „Ich nehme Bezug auf Ihren nachstehenden Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) vom 26. März 2024 und bitte Sie um Mitteilung einer vollständigen zustellfähigen Postanschrift, da wir diese für die weitere Bearbeitung (Bescheidung) des Verfahrens benötigen. …“

Der Antragsteller bat daraufhin um Auskunft, wie hoch die Kosten für die Zusammenstellung der Rezepte und den Versand seien. Die Antwort kam rund zwei Monate später, am 31. Mai 2024. In der Mail heißt es u. a.: „… Im vorliegenden Fall würde ich von einem Gebührenrahmen zwischen 15 und 125 EUR ausgehen, da Ihr Antrag auf die Herausgabe von Abschriften gerichtet ist. Zugrunde gelegt werden hierbei die für die Bearbeitung des Antrages aufgewandten Personalkosten auf der Basis pauschaler Personalkostensätze. Die genaue Höhe der gegebenenfalls anfallenden Gebühren kann daher erst nach Abschluss des Verfahrens ermittelt werden.“

Mitteilung noch keine Zusage

Allerdings schränkte das Bundeskanzleramt ebenfalls ein: „Diese Mitteilung ist ausdrücklich nicht als Zusage dahingehend zu verstehen, dass Ihnen im Laufe der weiteren Bearbeitung tatsächlich Zugang zu amtlichen Informationen gewährt wird …“

Immerhin wusste der Rezept-Sammler nun, dass es sich bei der Rezeptsammlung des Bundeskanzlers buchstäblich um „Amtliche Informationen“ handelt. Doch darüber hinaus blieb die Tür zur Küche des Bundeskanzleramtes für den Bürger verschlossen.

Mahnung nach 156 Tagen

Bis zur weiteren Bearbeitung der Anfrage wurden in Olaf Scholz’ Küche vermutlich hunderte Suppen, tausende Fritten-Stäbchen und noch mehr Salatschüsselchen angerichtet – nur die Rezepte dazu wurden nicht verschickt. 

Schließlich fragte der enttäuschte Bürger am 2. Oktober nach: „Guten Tag, meine Informationsfreiheitsanfrage ‚Rezeptsammlung der Küche des Bundeskanzleramtes‘ vom 26.03.2024 (#304265) wurde von Ihnen nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit beantwortet. Sie haben die Frist mittlerweile um 156 Tage überschritten. Bitte informieren Sie mich umgehend über den Stand meiner Anfrage. Mit freundlichen Grüßen …“.

Bürger soll Gebühr bestätigen

Wenige Tage später wies das Bundeskanzleramt in seinem Antwortschreiben – neben erneutem Hinweis, dass das alles noch keine Zusage zur Übersendung der Rezepte sei – darauf hin, dass der antragstellende Bürger nicht in einem weiteren Schreiben die Übernahme der Gebühren ausdrücklich bestätigt habe. 

Der Bürger solle also bis zum 24. Oktober 2024 „eine kurze Mitteilung schicken, dass Sie trotz gegebenenfalls anfallender Gebühren an Ihrem Antrag festhalten“.

Das machte der Rezept-Interessent mit Mail vom gleichen Tag: „Guten Tag, auf ihre Nachricht vom 31.05.2024 habe ich taggleich geantwortet: ‚Mein Auskunftsersuchen wird aufrechterhalten.‘ Damit meinte ich, dass ich weiterhin Interesse an der Auskunft habe. Mit freundlichen Grüßen“

Weihnachtsrezept von Olaf Scholz

Am 22. Oktober, am 26. Oktober und am 2. November schrieb der Antragsteller über die Internet-Plattform „FragdenStaat“ weitere Mahnungen an das Bundeskanzleramt, seine Informationsfreiheitsanfrage ‚Rezeptsammlung der Küche des Bundeskanzleramtes‘ vom 26.03.2024 (#304265) sei immer noch unbeantwortet. 

Möglich ja, dass die Rezeptsammlung ein echtes Staatsgeheimnis ist?! Vielleicht verrät Olaf Scholz ja sein Weihnachtsmenü für Heiligabend 2024 als Trost für die lange Leitung in seiner Küche, falls die geheimnisvolle Rezeptsammlung tatsächlich noch in diesem Jahr bei dem Bürger ankommen sollte.

Falls nicht, gibt es im nächsten Jahr dazu eine weitere Kolumne …

Eine Absage vom Kanzleramt

Die monatelange Korrespondenz mit dem Kanzleramt führte zu einer Absage. Das Bundeskanzleramt schrieb am 7. November: „Sehr geehrter Herr (…), mit E-Mail vom 26. März 2024 beantragten Sie u. a. auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) folgende Information ‚Rezeptsammlung der Küche des Bundeskanzleramtes‘.“

Der Antrag wurde abgelehnt, weil sich der Anspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz „auf den Zugang zu amtlichen Informationen beschränkt, die bei der Behörde, an die der Antrag gerichtet ist, zum Zeitpunkt der Antragstellung tatsächlich vorhanden sind“.

Offensichtlich gibt es keine Rezeptsammlung mit den Kanzler-Gerichten, denn „im Bundeskanzleramt konnten keine amtlichen Informationen im Sinne Ihres Antrages ermittelt werden. Ihr Antrag ist daher mangels vorhandener amtlicher Informationen abzulehnen“.

Der Koch des Bundeskanzlers scheint alle Rezepte für schmackhafte Menüs nicht als Aufzeichnung, sondern nur im Kopf zu haben. Wenn das in der Politik der Bundesregierung auch so einfach wäre …

Hintergrundberichte zu meinem Spezialgebiet „Vermisste Menschen und die Situation ihrer Angehörigen“ im Experts Circle von Focus-online.

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Symbolfoto Pizza: Jamin

Fotoporträt Jamin: Fyeo

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