Als kriminelle Organisation nach § 129 Strafgesetzbuch wird eine kriminelle Vereinigung definiert, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung erheblicher Straftaten ausgerichtet ist. Diese Straftaten müssen mit einer Mindeststrafe von zwei Jahren bedroht sein und eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen.
Ein Schwerverbrecher ist jemand, der eine besonders schwere Straftat begangen hat. Im deutschen Strafrecht werden Verbrechen allgemein als Straftaten definiert, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht sind (§ 12 Abs. 1 StGB).
Bildung einer kriminellen Organisation
Die Klimaaktivistin @ClaraHinrichs wird jetzt von der Generalstaatsanwaltschaft in München angeklagt, mit vier weiteren Personen eine solche kriminelle Organisation gebildet zu haben. Diese angeblich kriminelle Organisation sind die Klimaschützer der „Letzten Generation“, die inzwischen „Neue Generation“ heißt.
Es ist schon ein juristischer Hammer, den die Bayern da zum Schlag gegen Klimaschützer rausholen. Dabei ist die Gesellschaft bei der Beurteilung der Straftaten sehr gespalten. Viele sehen – wie ich – für Klimaaktivisten kaum eine andere Chance, als durch rabiate Aktionen noch Aufsehen für den Umwelt- und Klimaschutz zu erreichen.
Weltweit warnen Wissenschaftler
Unsere Gesellschaft ist angesichts von Kriegen, Skandalen und ewigem politischem Hickhack abgestumpft gegen sanften Protest von Interessengruppen. Viele denken nur an sich und wollen nicht verzichten. Viele sind für Umwelt- und Klimaschutz – machen aber selbst nichts und verzeihen auch der Politik, Behörden und Wirtschaft das Versagen auf diesem Gebiet.
Dabei erleben wir heute täglich die ersten Folgen der Klimakatastrophe: Waldbrände, Überschwemmungen. Wissenschaftler in der ganzen Welt warnen davor, dass es bereits 5 nach 12 ist. Ein Beispiel: Der Flüchtlingsstrom, der heute unter unserem großen Jammern auf die europäischen Grenzen zufließt, ist eine Lappalie gegenüber dem Millionenheer von Flüchtlingen, das in den kommenden Jahrzehnten aus extrem klimageschädigten Hitze- und Überschwemmungsgebieten auf uns zukommen wird.
Verbrecher wie die Mafiosi
Gegner der „Letzten Generation“ betrachten die Klimaaktivisten allerdings tatsächlich als Schwerverbrecher à la Mafia. Dabei haben Klimaaktivisten und Mafiosi nichts gemeinsam – vieles unterscheidet sie:
Die Mafia arbeitet im Geheimen, scheffelt Geld in Milliardenhöhe, korrumpiert Politik, Behörden und Wirtschaftsunternehmen, tötet reihenweise Menschen (wie in Duisburg) und unterwandert gerade in aller Stille ganz Deutschland.
Persönliches Risiko eingerechnet
Weit davon entfernt sind die Aktivisten der „Letzten Generation“: Sie agieren in aller Öffentlichkeit. Sie bereichern sich nicht, sondern haben ein hohes persönliches Risiko. Ja, die Gruppe hat wiederholt Straßen blockiert, indem sie sich am Asphalt festklebte, was Verkehrsteilnehmer erheblich behinderte.
Diese Aktionen werden als Nötigung gemäß § 240 StGB gewertet. Ja, auch Protestaktionen etwa gegen Anlagen der Ölraffinerie PCK in Schwedt, den Berliner Flughafen BER sowie das Barberini-Museum in Potsdam führten zu Sachbeschädigungen und Betriebsstörungen. Natürlich muss das juristische Folgen haben.
Justiz hat hier überzogen
Die Süddeutsche Zeitung stellte in einem ausgewogenen Kommentar fest: „Kriminelle Vereinigungen, das sind Drogenhändler oder Schutzgelderpresser, die um des eigenen Profit willen dem Gemeinwesen schaden. Klimaaktivisten wollen die Menschheit retten. Das rechtfertigt es natürlich nicht, für den guten Zweck Straftaten zu begehen. Wer zu rechtswidrigen Mitteln greift, der kann und soll bestraft werden, wegen Nötigung, wegen Sachbeschädigung. Mit der Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung hat die Justiz überzogen …“
Rheinische Post für Anklage
Die @RheinischePost in meiner Lieblingswohnstadt Düsseldorf, eine der größten Zeitungen der Republik, steht rigoros aufseiten der Ankläger. Sie titelt „Richtiger Schritt gegen die Letzte Generation“. Und haut drauf: „… Mit ihren kriminellen Methoden hat sie einen Kampf diskreditiert, der wichtig war und bleibt. (…) 2024 war das heißeste Jahr, Gletscher schmelzen weiter. Dass, wie gerade von der Internationalen Energieagentur berichtet, die zunehmende Zahl an Klimaanlagen den Energieverbrauch treibt, der wiederum die Klimakrise anheizt, zeigt den Teufelskreis. Das Klima muss geschützt werden – nicht von gewalttätigen Aktivisten, sondern von ernsthafter Politik“.
Leserbrief an die Rheinische Post
Ich habe der Rheinischen Post heute einen Leserbrief dazu geschrieben: „Man rettet das Klima nicht, indem man Familien den mühsam ersparten Jahresurlaub verdirbt, schreibt die Leiterin der RP-Wirtschaftsredaktion, Dr. Antje Höning, in ihrem Kommentar ‚Richtiger Schritt gegen die Letzte Generation‘. Sie stimmt also voller Überzeugung und wenig ausgewogen zu, dass Mitglieder der Klimaaktivisten-Organisation ‚Letzte Generation‘ als eine kriminelle Vereinigung – wie von der Generalstaatsanwaltschaft in München gefordert – verurteilt werden sollen. Meiner Meinung nach sind solche Aktionen aber keine Straftaten vergleichbar mit Verbrechen krimineller Organisationen wie der italienischen Mafia-Ableger, die in Deutschland die stärksten Verbrecherorganisationen sind. Damit wirft die Rheinische Post also jetzt Klimaschützer in einen Topf. Ich würde mir wünschen, wenn die Rheinische Post einmal solche saftigen Kommentare schreiben würde über die Umweltverschmutzung beziehungsweise Luftverschmutzung etwa durch Wirtschaftsunternehmen. Denn da kommen nicht Sachen, sondern tatsächlich Menschen zu schaden – bis in den Tod.“
Pressekonferenz mit Amnesty
Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz von Letzte Generation und Amnesty International wird das Vorgehen der Generalstaatsanwaltschaft München am Mittwoch, 26. März 2025, aus menschenrechtlicher Perspektive eingeordnet und diskutiert, welche Konsequenzen für Protestbewegungen und Zivilgesellschaft in Deutschland zu erwarten sind.
Hintergrundberichte zu meinem Spezialgebiet „Vermisste Menschen und die Situation ihrer Angehörigen“ im Experts Circle von Focus-online.
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Foto Clara Hinrichs: Letzte Generation /Amnesty International
Fotoporträt Jamin: Fyeo