Sie müssen ja verdammt große Angst vor Kanzlerkandidatin Anna Baerbock und ihren Grünen haben. Dass sie jetzt so eine Schmutzkampagne anwerfen, die alle Angriffe der Mitbewerber unter den politischen Parteien in den Schatten stellt. Die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM) trommelte jüngst in den Sozialen Medien gegen die Grünen-Partei. Und auch in großen Anzeigen machte die PR-Initiative Stimmung gegen den Grünen-Parteitag. Unter anderem in der „Zeit“, „Süddeutschen“ und „FAZ“.
Die in Zukunftsfragen engagierte Düsseldorfer Journalistin Elita Wiegand klagt jetzt auf „Facebook„: „Es zeigt sich schon jetzt, dass der Wahlkampf schmutzig geführt wird, mit harten Bandagen, Hetze – und gegen die Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock auch frauenverachtend. Ich bin solidarisch mit Frauen und ich will, dass wir die Klimaziele erreichen…“
Verbote lähmen das Land
Eine „grüne“ Lebensweise müsse aus Sicht der INSM weiterhin eine freiwillige Entscheidung bleiben. Polemisch formulieren die INSM-PR-Texter: „Ganz bewusst hat Deutschland weder eine Staatsreligion noch eine Vorschrift, was am Wochenende auf den Grill gelegt werden darf.“
Im Anzeigentext heißt es weiter: „Die Verbote der Grünen lähmen unser Land. Das Gebot der Stunde aber ist der kreative Wettbewerb um die besten Ideen. Dafür braucht es Raum für Freiheit und Verantwortung. Das ist der Kern von Sozialer Marktwirtschaft. Verbote haben noch nie ins gelobte Land geführt.“
Antiklimaschutzkampagne
Die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ ist nach eigener Darstellung „eine branchen- und parteiübergreifende Plattform. Ihre Arbeit wird durch die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie finanziert“.
Die INSM verfügte 2017 über einen Jahresetat von rund 7 Millionen Euro. Wissenschaftlich begleitet wird die INSM vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Für Elita Wiegand, engagiert in der Initiative „Zukunfts-Macher“, ist die INSM „eine einflussreiche Lobbyorganisation, die die Interessen der großen Konzerne vertritt. Nun hat die INSM erste Schritte einer Antiklimaschutzkampagne mit Fakten veröffentlicht. Danach werden Klimaziele bagatellisiert“.
Gegen Klimaschutz-Ziele
Die ISNM stellt in einer Pressemitteilung fest: „Statt Menschen und Wirtschaft einen Rahmen für Markt und Wettbewerb zu geben, wird immer häufiger versucht, das parteipolitisch gewünschte Ziel und den Weg dorthin festzulegen und mögliche Alternativen zu verbieten.“ Der letzte Parteitag der Grünen sei dafür ein gutes Beispiel.
Die ISNM: „Statt es dem Wettbewerb der Automobilhersteller zu überlassen, die umwelt- und klimaschonendste Antriebstechnik hervorzubringen, wollen die Grünen schon jetzt festgelegen, dass ab 2030 nur noch Elektroautos neu zugelassen werden dürfen.“
Autolobby und Umwelt
Den Autoherstellern unsere Zukunft überlassen?! Das möge Gott verhindern. Angesichts des internationalen Abgasskandal dieses Industriebereichs wären selbstkritische Töne angebracht. Immerhin wurden viele Millionen Autokäufer durch Automobilhersteller betrogen. Das Klima erlitt massiv Schaden.
Bei meinen Recherchen stellte ich fest, dass sich INSM offensichtlich nie zur Umweltkriminalität der Automobilindustrie geäußert hat. Wenn man sich tatsächlich um eine neue soziale Marktwirtschaft Sorgen machen würde, hätte man sich mit diesem Riesenskandal unter den Aspekten des Zusammenspiels von Autoindustrie und Klimaschutz und Gesellschaft befassen müssen.
PR mit totem Ex-Minister
Offensichtlich ist diese Organisation aber ziemlich orientierungs- und führungslos. Möglicherweise liegt das daran, dass der Vorsitzende des Kuratoriums der ISNM, Wolfgang Clement, ehemaliger Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen und Ex-Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, im vergangenen Jahr gestorben ist. Er wird aber immer noch als Kuratoriums-Chef geführt. Ein prominenter Nachfolger wurde offensichtlich nicht gefunden.
Mit Toten Stimmung machen ist mehr als schräg. Aber was will man schon von einer Autoindustrie erwarten, die gutgläubige Kunden betrügt. Die steckt ganz dick in der Organisationsstruktur der INSM. Etwa über das weitere Kuratoriumsmitglied, Dr. Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall.
Wahlkampf-Propaganda
Der Titel „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ ist also nicht viel wert in Bezug auf objektiv-wissenschaftliche politische Analysen. Seit dem Abgasskandal hat die Autoindustrie ohnehin das Vertrauen bei der Bevölkerung weitgehend verloren. Statt den Ball flach zu halten versucht man jetzt mit pseudo-wissenschaftliche, antisemitisch gefärbte Wahlkampf-Propaganda „Annalena und die zehn Verbote“ Stimmung gegen die Grünen zu machen. Und schießt dabei – ohne es auszusprechen – auch der regierenden CDU/CSU/SPD-Koalition in die Füße. „So geht’s besser“, schreiben die Besserwisser der Automobillobby zehn Mal in ihren Verbots-Katalog – das betrifft auch die Bundesregierung.
Dabei kann Expertise für Umweltschutz und Klimawandel bei der deutschen Automobilindustrie und ihren Lobbyisten nun wirklich nicht mehr als gegeben vorausgesetzt werden. In den Vorstandsetagen regiert der reine Egoismus. Die Technik der Zukunft wird heute mit Riesenschritten in China gemacht.
Anti-Zukunft-Lobbyismus
Statt a la China den neuen Technologien mutig den Weg zu bereiten und – bei möglichem Übereifer – Kompromisse mit den Grünen zu suchen, betätigen sich ThinkTanks wie die INSM als unfairer Bremsklotz. Partnerschaftliche politische Diskussionen sehen anders aus. Kein Wunder, dass sich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) von der Kampagne distanzierte. Michael Koß, Professor für das politische System der Bundesrepublik Deutschland und der EU an der Leuphana Universität in Lüneburg, bezeichnete die Kampagne zudem in der „Zeit“ als antisemitisch. Sogar der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer forderte, die INSM solle ihre Kritik »sachlich-fundiert darlegen und nicht so armselig-plump«.
Mit solchem Anti-Zukunft-Lobbyismus bewegt sich die deutsche Automobilindustrie angesichts der politischen Machtverhältnisse und dem stark wachsenden Umweltbewusstsein im Land ins Abseits. Sicherlich dürfen wir in den nächsten vier Monaten bis zur Bundestagswahl noch mehr heiße Luft von dieser PR-Kampagnen-Initiative erwarten.
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(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de)