Kunst ist ja häufig voller Überraschungen. Farben zeigen sich in einem neuen Licht. Formen anders als gewohnt. Eine Begegnung der außerirdischen Art verdanke ich Gregor Schneider, Professor an der Kunstakademie in meiner Lieblingswohnstadt Düsseldorf. Er hatte die Idee zu der Aktion „Home Visits“. Eine Art Blinddate mit Künstler*innen.
Bürger*innen konnten sich zu einem Hausbesuch bei Kunststudent*innen seiner Klasse anmelden. Die Aktion sollte ein wenig Abwechslung in die auch für Künstler begegnungsarme Corona-Zeit bringen. Ich landete auf der Startrampe „Outer Space Transmitter“ von Mona Schulzek. Sie hat in ihrer Wohnung einen Transmitter aufgestellt. Das ist ein Transformator bzw. Sender zur Übermittlung elektronischer Signale. Mona sendet mit ihm ihre Kunst zu den Außerirdischen.
E.T hätte von Kunst profitiert
Ich erinnere mich noch gut wie vor knapp 40 Jahren Steven Spielbergs Außerirdischer E.T. auf der Erde landete. Auf der Flucht vor den Menschen versuchte er verzweifelt zu seinen Artgenossen im All Kontakt aufzubauen. Hätte es damals schon Monas Transmitter gegeben, wäre das dem sympathischen Fabelwesen vermutlich leichter gefallen.
Mona jedenfalls bietet Bürger*innen an, für sie Botschaften ins All zu senden. Dabei muss man nicht einmal Fan von Fantasy- oder Science-Fiction-Literatur sein. Mona kennt sich mit Stanislaw Lems Büchern und ähnlicher Literatur aus. Und sie hilft bei der Übermittlung der Signale.
Künstlerin mit Funker-Diplom
Die Transmitterin, als die ich sie in diesem Blog einmal mit einem zukunftsweisenden Kunsttitel bezeichnen möchte, hat ein Funker-Diplom. Sie darf ganz offiziell neue Verbindungen in Dimensionen des Alls herstellen. Wem Kunst Spaß machen und der Phantasie eine Ebene bieten soll, ist bei Mona genau richtig. Für die Techniker und Kunstexperten erkläre ich hier auch kurz, wie der Transmitter funktioniert.
Und zwar so: Die Botschaft eines Bürgers fürs All wird zunächst in einen Computer eingegeben. Ein paar Sätze reichen. Danach schafft die Künstlerin/Funkerin ein Textbild. Das wiederum wird in eine von der Konzeptkünstlerin entwickelten universellen Sprache übersetzt. Per Parabolantenne (Foto) sendet Schulzek die Kunst-Bildbotschaft schließlich ins All. Und danach muss man nur noch auf eine Antwort von den Außerirdischen warten…
Unterstützung von Regioparl
Mona Schulzek versucht „über die universelle Sprache der Kunst“ Kontakt zu den Außerirdischen aufzunehmen: „Ich glaube, dass jede intelligente Zivilisation die Fähigkeit zur Reflexion und Abstraktion besitzt und als kreative Lebensform verstanden werden muss. Deshalb versuche ich mittels elektromagnetischer Kunst mit Außerirdischen in Kontakt zu treten.“
Unterstützt wird sie dabei von Regioparl. Regional Parliaments Lab versteht sich „als partizipatives und transdisziplinäres Projekt, das dem Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Kunst große Bedeutung beimisst und einen Beitrag zur laufenden EU-Zukunftsdebatte leisten möchte“.
Mit Transmitter-Projekt gesiegt
Der Outer Space Transmitter wurde von Mona Schulzek konzipiert in Zusammenarbeit mit dem Forschungsprojekt REGIOPARL, das federführend an der Donau-Universität Krems durchgeführt wird. Umsetzung und Finanzierung erfolgen in Kooperation mit dem Fördergeber Forum Morgen.
Im Rahmen des Regioparl-Projektes gewann Schulzek mit „Outer Space Transmitter“ eine Ausschreibung für diesen interaktiven Kunstbeitrag im öffentlichen Raum. Für Künstlerin und ihre Installation gibt es zwar keinen Tripp ins All. Aber sie wird künftig das Regioparl-Projektteam in Europas Regionen begleiten.
Weitere aufregende Kunstprojekte
Neben ihrem Kunstprojekt „Outer Space Transmitter“ hat die 29-jährige Künstlerin schon manch andere ungewöhnliche Projekte initiiert. Die sind nicht weniger aufregend. Ich denke etwa an ihren „Ottomanen“. Da behängte sie eine Wand mit Teppichen und entwickelte aus dem Gesamtwerk eine ganz eigene Fotokunst mit der bildhaften Sprache der Teppiche.
Jede ihrer Aktionen – „Leviathan“, „Turfroom“ oder „Die Spinne in der Yuccapalme“ – ist ein Abenteuer. Jedes Projekt ein Überraschungsei der Kunst ganz so wie wir es etwa von dem Düsseldorfer Joseph Beuys oder dem Künstlerehepaar Christo und Jean-Claude kennen.
Kunst nachvollziehbar machen
Mona Schulzeks technische Zeichnungen erinnern mich an die Bilder von Christo. In vielfältiger Form verkaufte er seine Skizzen und Bilder zur Finanzierung seiner Projekte, etwa der „Verhüllung des Reichstags“ in Berlin. So machte Christo – wie Mona – ihre Kunst für den Bürger nachvollziehbar.
Die Konzeptkünstlerin, gern im weißem Overall astronautenartig und stilvoll-ästethisch gekleidet, hat ihren Kunst-Weg ins All für die Bürger*innen geöffnet. Antworten aus dem All stehen zwar noch aus. Aber die Reaktionen auf Kunstmutter Erde sind vielfältig.
Schulzek ist vielfach ausgezeichnet
Mona Schulzek ist ein ganz großes Talent unter dem Nachwuchs der Kunstakademie. In Köln hat sie bereits den Abschluss an der Akademie für Gestaltung gemacht. In Düsseldorf studiert sie (noch) freie Kunst. Etliche Preise bereiten ihren Weg zu einer großen Künstlerkarriere. 2014 gewann sie den Deutschen Jugendfotopreis. 2017 war sie für den Kölner Designpreis nominiert. 2019 belegte sie den 1. Platz beim Vonovia Award für Fotografie.
Im gleichen Jahr gewann sie das Max Ernst Stipendium. 2020 erhielt sie die Projektförderung von Regioparl für ihre Transmitter-Aktion. Besucher sahen ihre Werke schon im Sprengel-Museum in Hannover, im Kunstmuseum Bochum oder im Max Ernst Museum Brühl. Und auch im Sanshang Contemporary Art Museum in Hangzhou China. Jetzt fehlt ihr nur noch eine Galerie von Rang, die sie mit ihren Arbeiten weltweit vertritt.
Guter Kunst-Draht ins All
Aber wer so einen guten (Kunst-)Draht ins All hat wie Mona Schulzek muss sich um die Zukunft keine großen Sorgen machen. Künstler*innen wie Schulzek brauchen wir unbedingt, damit sie uns aus der Monotonie unseres Daseins zwischen Supermarkt, Tankstelle, Friseursalon und „Germany’s Next Topmodel“ befreien.
Die Aktion „Home Visits“ war übrigens ein großer Erfolg. Die angebotenen Termine der Studierenden der Düsseldorfer Kunstakademie wurden mit Begeisterung genutzt. Die Menschen mögen Kunst. Ganz besonders, wenn sie mal abseits der Museen und Galerien Türen öffnet. So dass auch ganz normale Menschen von nebenan und Wesen wie E.T. ihr Kunst-Abenteuer erleben können.
Foto: Carina Matzky
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(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de)