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Die UEFA Euro 2024-Schande, Folge II: DGB und LINKE für Bezahlung der Volunteers bei den Spielen der Millionäre

Ich finde es sehr gut, wenn sich Menschen ehrenamtlich engagieren. Das hilft der Gesellschaft, mit vielen kleinen und großen Problemen besser fertigzuwerden. Ich selbst habe schon als 6-Jähriger, als so genannter Wölfling, bei den katholischen Pfadfindern St. Georg zusammen mit Älteren etliche Keller entmüllt und Gärten vom Unkraut befreit. 

Der Erlös, den die Hausbesitzer an die Pfadfinderschaft dafür bezahlten, wurde nach Afrika für Entwicklungshilfe-Projekte der katholischen Kirche geschickt. Damals lernte ich auch, jeden Tag eine gute Tat zu tun. Das gelingt mir heute nicht mehr. Aber meine ehrenamtliche 

Beratung von Angehörigen von Vermissten seit mehr als 25 Jahren ist vermutlich das Ergebnis dieses Gute-Tat-GENs.

Ehrenamt nicht ausnutzen

Bei allen guten Taten muss man allerdings darauf achten, dass Ehrenamtler nicht ausgenutzt werden. Schnell leisten gutmütige, hilfsbereite Menschen selbstlos Unterstützung, die eigentlich bezahlt werden sollte. Und damit wäre ich bei den 16.000 Volunteers, die bei der UEFA EURO 2024 ehrenamtlich die Spiele der Fußball-Millionäre in Deutschland unterstützen sollen.

Ich habe bereits in der vergangenen Woche in meiner 

Freitagskolumne unter dem Titel „Die UEFA Euro 2024-Schande, Folge I: 16.000 Null-Euro-Jobber für die Spiele der Millionäre“ darüber geschrieben.

Mehr für Ferienjobber

Schon vor Jahren warnte das Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), „vor einer Tendenz, die Ehrenamtlichen als Lückenfüller anzusehen und ihr Engagement in Zeiten leerer Sozial- und Gesundheitskassen als billige Hilfskräfte zu missbrauchen.“

Und der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert plädiert vor wenigen Tagen dafür, die Ausnahme beim Mindestlohn für unter 18-Jährige abzuschaffen und so sicherzustellen, dass auch Ferienjobber Mindestlohn erhalten.

EM-Jobber ohne Lohn

Wenn aber unter 18-Jährige Mindestlohn bekommen sollten, hätten doch sicher auch Über-18-Jährige, die die UEFA Euro 2024 in diesen Tagen sucht, einen Anspruch auf akzeptable Entlohnung. Oder wird im Welt- und Europa-Sport mit anderen Maßstäben gerechnet?

Das ist nicht nur eine Frage der Wertschätzung dieser 16.000 jungen Frauen und Männer, sondern auch eine der Gerechtigkeit. Wenn ein UEFA-Präsident im Jahr rund 2,7 Millionen Euro verdient, Europas Spitzenfußballer Gehälter in zweistelliger Millionen-Euro-Höhe kassieren und die Fußballspieler auf dem EM-Rasen in zehn deutschen Großstädten im nächsten Jahr Millionen Euro an Prämien für ihre Siege kassieren werden, sollten auch die studentischen oder arbeitslosen Hilfskräfte für ihre Arbeit bezahlt werden.

Keine Ehrenamtspauschale

Doch selbst eine steuerfreie 840-Euro-Ehrenamtspauschale soll es für die Helfer am Spielfeldrand nicht geben. Man darf vermuten, dass manche der Volunteers, von denen etliche sicherlich an der Armutsgrenze leben, bei den Spielen der Fußballmillionäre nur deswegen mitmachen, weil sie ein paar Tage kostenlos Bahn und Bus fahren und verpflegt werden und dabei noch ein bißchen Spaß mit Gleichgesinnten haben.

Die UEFA Euro 2024 bietet den jungen Helfer*innen lediglich billige Werbesprüche ohne Lohn: „Sei Teil eines bedeutsamen Sportevents!“ Wer mitmacht, erhält Einheitskleidung, ÖPNV-Ticket, Verpflegung und vielleicht noch einen Dankeschön-Event. Ach ja, und man wird – so die Stadt Düsseldorf, die 1600 Ehrenamtler beschäftigen wird – „gemeinsam das Gesicht der Stadt sein“.

Nicht wertgeschätzte Jobber

Dass die doch so soziale-orientierte SPD-Bundeszentrale (Motto: „Respekt“) auf meine Frage, ob diese Null-Euro-Ehrenamtler-Jobs okay seien, keine Stellungnahme schickten, enttäuschte mich sehr. Doch das Schweigen zeigt auch, wie wenig wertgeschätzt die 16.000 Volunteers bei der UEFA Euro 2024 bei vielen sein werden. Sie sind halt nur billige Randfiguren im Millionenschacher.

„Mich interessiert Ihre Meinung zur Beschäftigung von 16.000 unbezahlten Volunteers, also Ehrenamtlern, auf der UEFA Euro 2024. Sollten die Volunteers, vermutlich mehrheitlich Student*innen und Arbeitslose, nicht einen Mindestlohn oder wenigstens die steuerfreie Ehrenamtspauschale erhalten?“, hatte ich angefragt.

Düsseldorf: Jobs attraktiv

Die Stadtverwaltung in Düsseldorf machte es sich mit ihrer Antwort auf meine Frage sehr einfach. Nach der Devise „Wenn die Leute so dumm sind, ohne Lohn mitzumachen, dann nehmen wir sie auch“, antwortete das Presseamt: „Bislang haben sich mehr als 3.000 Menschen als Volunteer in Düsseldorf beworben. Das zeigt, dass das Angebot der Landeshauptstadt Düsseldorf und der UEFA EURO 2024 für viele Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, sehr attraktiv ist.“

Weiterhin verweist die reiche NRW-Landeshauptstadt auf ein paar „Goodies“ als Entlohnung: „Eine eigene UEFA EURO 2024 Uniform“ (im Interesse des Arbeitgebers, damit man das Personal auf den ersten Blick erkennt).… „Kostenlos den ÖPNV nutzen“ (Wäre ja auch noch schöner, wenn die Beschäftigten auch noch den Weg zur Arbeitsstelle selbst bezahlen müssten) … „Ausführlich für ihren Einsatz geschult“ (sonst könnten die Mitarbeiter*innen den Null-Euro-Job ja auch nicht im Sinne der Milliarden-Unternehmens namens UEFA ausführen) … „Ein wertiges Geschenk“ (Mit Speck fängt man Mäuse) … „Ein Zertifikat, das sie als Beleg für ihre ehrenamtliche Tätigkeit weiter nutzen können“ (Wie großzügig!). Kein Wort zu meiner Frage nach Mindestlohn oder Ehrenamtspauschale.

DGB: Frage des Anstands

Für den Deutschen Gewerkschaftsbund antwortete das DGB-Bundesvorstandsmitglied Stefan Körzell, u.a. zuständig für Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik: „Freiwillige, ehrenamtliche Arbeit dient nicht dem Lohnerwerb und ist daher nicht im Mindestlohngesetz geregelt. Natürlich sollten Freiwillige – gerade bei großen Fußballturnieren, wo viel Geld verdient wird – eine angemessene Aufwandsentschädigung erhalten“. 

Das sei „eher eine Frage des Anstands, keine rechtliche Frage. Außerdem muss natürlich klar sein: Volunteers dürfen nicht dazu missbraucht werden, um die Arbeit von regulären Beschäftigten zu übernehmen und sie so zu ersetzen.“ Letzter Satz (über dessen Bedeutung für die UEFA Euro 2024 ich noch in einer der nächsten Kolumnen-Folgen schreiben werde) sollte vor allen den Stadtverwaltungen, Parteien und Oberbürgermeistern in den UEFA Euro 2024-Städten zu denken geben. Also in Düsseldorf, Köln, Gelsenkirchen, Dortmund, Hamburg, Berlin, Leipzig, München, Stuttgart und Frankfurt. 

LINKE: nur gewinnorientiert

„Volunteering ohne Bezahlung bei gemeinnützigen Events oder Vereinen ist nicht das Problem. Das Problem liegt darin, dass die UEFA – wie auch die FIFA – überhaupt gemeinnützig ist. Das scheint mir hier ein Hauptkritikpunkt zu sein“, schrieb mir LINKE-Pressesprecher Lars Peters.

 „Viele Veranstaltungen“, so die LINKE, „leben vom Ehrenamt und wären sonst nicht realisierbar. Darum finde ich eine Aufwandsentschädigung, kostenlose Teilnahme am Event oder eine Verpflegung okay. Wenn es Events sind, die nicht gewinnorientiert sind! Das ist bei der FIFA und UEFA ja mitnichten so“.

 Mio-Gewinne der UEFA

Der LINKE-Pressesprecher bot mir auch noch einen eindrucksvollen Einblick zu den Gewinnen der UEFA aus den  Europameisterschaften: „Bei der EM 2016 hatte die UEFA einen Reingewinn von 849 Millionen Euro. Für 2024 werden 1,19 Milliarden Euro erwartet“. 

Bei solche Gewinnen könnte die UEFA doch locker jedem der 16.000 Volunteers eine steuerfreie Ehrenamtspauschale in Höhe von 840 Euro zahlen. Das wären zusammen nur rund 13,5 Millionen Euro. 

Das wäre doch mal eine wirklich gute Tat – muss ja nicht jeden Tag passieren.

Die Linke schrieb mir auch etliche Details zum UEFA-Kuhhandel mit der Bundesregierung und wie wir Steuerzahler für die Fußballspiele der Millionäre alle mitbezahlen müssen. Darum gibt es noch eine dritte Folge meiner Freitagskolumne am 4. August 2023: Die UEFA Euro 2024-Schande: Die LINKE zeigt den wahren Skandal mit den Millionärs-Spielen

Foto: DGB, Simone M. Neumann. Das Bild zeigt Stefan Koerzell,  Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstands  Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB): Bezahlung der 16.000 Volunteers ist „eine Frage des Anstands“.

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(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de

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