Je öder die Stimmung, desto wilder die Kamerabewegungen und kürzer die Szenen in Fernsehshows. Gelangweilte Gesichter, müdes Klatschen – das mag niemand in einer Narrenshow sehen. Fröhlichkeit im Karneval sieht anders aus.
Ja, es gab am Mittwoch mal wieder eine Prunksitzung aus Düsseldorf im Ersten zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr. Und viele Vorschusslorbeeren durch Moderator Stefan Kleinehr, einer der Oberjecken aus Düsseldorf. Doch das überwiegend mittelalte bis greise Publikum war dadurch allein nicht zu begeistern.
Echt? ! Wir feiern das Leben?
Dabei forderte das Motto der Sitzung „Wir feiern das Leben“ wie auch einer der Musiktitel dazu geradezu heraus: „Lass uns feiern …“ Das Publikum war willig und lächelte selbst über schwache Scherze.
Beispielsweise beim Auftritt des „Bergischen Jung“. Originalton: „Ich wollte Kardinal Woelki ein Fahrrad schenken. Er hat es nicht angenommen – es hatte einen Rücktritt.“
Echt?! Narren in Düsseldorf?
In dieser Fernsehsitzung gab es viel „Düsseldorf Helau“ und noch mehr höflichen Applaus. Man merkt dem Publikum an, dass es verzweifelt versuchte, den Ruf Düsseldorfs als Karneval-Hochburg zu verteidigen.
Bei den Büttenreden hatten die Kameraleute Mühe, die gequälten Mienen im Publikum zu vermeiden. Zu oft gab es ein müdes Lächeln, obwohl doch alle so gerne herzhaft gelacht hätten.
Echt?! Mit Frauenbinden witzeln?
Markus Krebs als Witze-Erzähler. Küche kaufen mit Ingrid Kühne. Gendern, Veganismus, Schulbildung, Corona, E-Auto – alles Themen, aus denen man hätte was machen können. Und auch die Fußballweltmeisterschaft bot Stoff.
Reinigungskraft Achnes Kasulke erzählte vom Krach um die bunte Kapitänsbinde von Manuel Neuer bei der deutschen Mannschaft. Stellte männerwitzartig fest: „Beim Frauenfußball hat noch niemand gefragt, welche Farbe die Binde hat.“
Echt?! Räumt jede Bühne ab?
Ja, es ging viel daneben an diesem Abend. Der Moderator liebte offensichtlich Superlative: Räumt jede Bühne ab. Euphorie auf jeder Bühne. Shootingstar der letzten Jahre. Höhepunkte …
Der Einzug der Prinzengarde mit Prinz Dirk II. und Venetia Uasa, mit stimmungsvollem Täterä begonnen, endete in zwei langweiligen Reden, wie sie Politiker bei vielen Ortsterminen halten.
Echt?! Sogar eine Wiederholung?
Schluss der Veranstaltung. Abtritt. Wäre Karneval für die Hochburgen der Narren nicht solch ein gutes Geschäft, würde es sicherlich schnell abgeschafft.
Wer nicht glaubt, dass er nichts verpasst hat, kann sich gerne die Wiederholung zumuten: Es gibt sie am Dienstag, 21. Februar, ab 22.15 Uhr im WDR. Gott sei Dank ist am Tag darauf auch in meiner Lieblingswohnstadt Düsseldorf wieder Aschermittwoch.
Foto: Jamin / Screenshot aus der Düsseldorfer ARD-Narrenshow
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(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de)