Lasst uns ein wenig über Freunde und Freundschaft nachdenken. Vor einigen Tagen stellte der Schauspieler und Regisseur Til Schweiger in vielen Medien klar, er habe zu dem ehemaligen Radprofi und Olympiasieger Jan Ullrich gesagt: „Von jetzt an bist du nicht mehr mein Freund.“
Vorausgegangen war ein Krach auf Mallorca. Jan Ullrich, offensichtlich von der Alkoholsucht gezeichnet, hatte seinen Nachbarn Til Schweiger auf dessen Grundstück besucht, obwohl er dort nicht willkommen war. Es kam zum Krach zwischen den beiden Berühmtheiten. Ullrich soll dabei zum Besenstil gegriffen haben, Schweiger alarmierte die Polizei. Ullrich wurde in Handschellen abgeführt.
Ein Freund hilft dem Freund
Die erste Frage lautet: Was machen Freunde, wenn sie miteinander Krach haben? Zunächst einmal ruft man nicht die Polizei, nur weil ein Freund zum Besenstil greift. Solch eine Attacke wehrt man selbst ab, zumal Schweiger Gäste hatte, die ihm hätten helfen können. Und da Schweiger um die schwere Alkoholsucht seines „Freundes“ Jan wusste, wäre mehr Hilfe für den Suchtkranken angebracht gewesen. Ein Freund belässt es nicht bei ein paar Ermahnungen, der andere müsse etwas gegen seine Krankheit tun. Ein Freund rückt dem Kranken zur Not mit Arzt und Psychologen auf die Bude.
Eine Seele in zwei Körpern
Die zweite Frage: Was ist Freundschaft? Da wird es sehr schwer. Aristoteles liefert eine sehr enge Auslegung: „Freundschaft, das ist eine Seele in zwei Körpern.“ Johann Wolfgang von Goethe kommt mit seiner Begründung dem Streit der beiden Promis auf Mallorca schon sehr nahe: „Ältere Bekanntschaften und Freundschaften haben vor neuen hauptsächlich das voraus, dass man sich einander schon viel verziehen hat.“
Im Klartext gesprochen: Bei einer Freundschaft handelt es sich um eine sehr intensive Beziehung, die nicht nur in guten Tagen besteht, sondern sich auch durch etliche Prüfungen in schlechten Zeiten bewähren muss. Freundschaft ist mehr als ein Wort – Freundschaft hört auf Herz, Gefühl und Verstand.
Die Freundschaft kündigen
Die dritte Frage: Wie viele Freunde hat man? Ich selbst komme auf etwa vier, fünf Menschen, die ich Freunde nenne. Zu mehr Freundschaften habe ich keine Zeit. Denn Freundschaft bedeutet, dass man auch füreinander Zeit hat sich so nahe zu kommen, dass daraus Freundschaft erwächst. Die anderen Menschen sind sehr gute oder gute Bekannte oder ganz einfach Bekannte. Und meine Nachbarn im Haus sind Nachbarn.
Auch Til Schweiger wird nicht viel mehr als vier oder fünf Freunde haben. Aber es macht sich in den Medien eben besser, wenn man dem einzigen deutschen Tour-de-France-Sieger die Freundschaft kündigt statt die Bekanntschaft.
Freunde in einsamer Villa
Und damit wären wir bei der vierten Frage. Sind Jan Ullrich und Til Schweiger wirklich Freunde gewesen? Wohl kaum. Sie sind Grundstücksnachbarn auf Mallorca. Da grüßt man sich am Grundstückszaun und lädt sich auch gerne mal auf ein Abendessen oder zur Poolparty ein. In der von der Sommerhitze zerfressenen, kargen Landschaft Mallorcas fühlt man sich in seiner Villa schnell einsam. Da wird ein fremder Nachbar eher zu einem „Freund“.
Schweiger und Ullrich sind also eine Art Facebook-Freunde: Man nennt sich Freunde, ist aber eigentlich weit davon entfernt. Wie schon Facebook-Gründer Mark Zuckerberg feststellte: „Facebook hilft, mit Leuten in Kontakt zu bleiben, die wir auch im echten Leben kennen. Mehr nicht. Wer glaubt, dass jeder Facebook-Kontakt ein Freund ist, der weiß nicht was Freundschaft bedeutet.“
Falsche Freunde meiden
Bleibt die letzte Frage: Was zeigt uns das Medienspektakel um die Freundschaft von Jan und Til? Diese Frage führt zu einer weiteren Frage: Wenn die beiden keine Freunde waren, was waren sie dann? Ganz einfach: Falsche Freunde! Und die sollten wir meiden…
#Freundschaft #Prominente #FalscheFreunde
(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de)