Der Verkehrsmanager Dirk Bommes hat mir im Auftrag des Oberbürgermeisters in meiner Lieblingswohnstadt Düsseldorf geschrieben. Anlass ist mein Vorschlag, die Ausfahrt „Oberkassel“ vor dem Rheintunnel in Richtung Rheinkniebrücke zu sperren, damit während der „Größten Kirmes am Rhein“ nicht noch tausende Autos zusätzlich in den vorhandenen Riesenstau fahren. Denn diese landen im Nadelöhr an der Auffahrt zur Rheinkniebrücke – direkt neben der Kirmes. Auch hier: Pkw-Stau.
Meiner Meinung nach hätte man zusätzlich die Düsseldorfer Straße auf Höhe des neuen Rheinbads sperren und den Verkehr in weniger belastete Stadtteile oder auf die Autobahn Richtung Mönchengladbach umleiten können. Was bringt es, wie am vergangenen Drohnenshow-Samstagabend, vieltausende Pkw bewusst in einen Stau zu schicken?
Gegen Riesenstau wird „nachgesteuert“
Das Problem, das viele andere Städte ebenfalls betrifft: Sie veranstalten Großevents und Messen in Städten, deren Verkehrsinfrastruktur gar nicht für solche Pkw-Massen ausgelegt ist. Stadtpolitiker und Verwaltungsmitarbeiter erwarten dennoch, dass Bürger*innen den Lärm und die Abgase hinnehmen, als seien sie eine Schafherde, die man nur mit rheinisch-lockerer Hand führen müsse.
In der Rheinischen Post versicherte ein Stadtsprecher generös sein Verständnis für den Unmut der Bürgerinnen und Bürger über das Verkehrschaos anlässlich der Oberkasseler Kirmes am vergangenen Samstag und kündigte gleichzeitig klein-klein an, die Stadt wolle „verkehrstechnisch nachsteuern“.
Jahrelang erprobt: Viele Behörden reden mit
Verkehrsmanager Bommes, der auch Erfahrungen im Beschwerdemanagement hat, erläuterte mir, wie die Stadtverwaltung Düsseldorf auf meine Anregungen eingehen will:
„Gerne nehme ich Ihren Vorschlag auf, alles grundsätzlich dichtzumachen und leite ihn an die zuständigen Dienststellen weiter. Sie werden mir sicherlich zustimmen, dass eine solche Maßnahme nicht allein durch die Straßenverkehrsbehörde entschieden werden kann, sondern auch Feuerwehr, Ordnungsamt und Polizei als Gefahrenabwehrbehörden einbezogen werden müssen. Auch die Bezirksvertretung und ggf. weitere politische Gremien müssten für ein positives Votum zur Durchführung einer solchen Maßnahme beteiligt werden …“
Groß denken statt Straßen zupollern
So beschwichtigten Behörden und Politik im vergangenen Jahrhundert das Volk. Wozu das führte, beklagen heute Politiker, Wirtschaftsexperten und Soziologen: Stillstand in der Wirtschaft, ein Übermaß an Bürokratie, ein frustriertes Wählervolk.
In Düsseldorf pollert man lieber noch einige Straßen zusätzlich gegen den 100.000-fachen Pkw-Strom bei der „Größten Kirmes am Rhein“ ab, statt mit Weitblick und großen Maßnahmen die Probleme für Jahrzehnte und vor allem auch im Sinne eines nachhaltigen Klimaschutzes zu lösen.
Verkehrsmanager mit Klima-Expertise
Es ist Zeit, dass Düsseldorfs Politiker und Stadtverwaltungsbeamte größer denken – über den Schlossturm in der Altstadt hinaus. Düsseldorf benötigt einen Zukunftsrat: ein kreatives, vielfältig besetztes Beratungsgremium für Zukunftsprojekte sowie bürgernahe Zukunftswerkstätten. Ein spektakuläres Drohnentheater am Rhein ist noch keine Zukunftsvision, auch wenn Veranstalter und Politik mit solchen Spektakeln den Bürger*innen das vorgaukeln.
Wir benötigen Event- und Verkehrsmanager – und vor allem Klimamanager – die groß denken. Köpfe, die mehr als den bürokratischen Mindeststandard liefern. Solche Maßnahmen entstehen nicht am Biertisch im Rheinwiesen-Zelt, sondern gemeinsam mit den Architekten der Zukunft. Es wird Zeit, dass Düsseldorf einen professionell besetzten Zukunftsrat mit großen Ideen erhält. Beginnen könnte man beispielsweise bei Veranstaltungen wie der Oberkasseler Kirmes: Den gesamten Verkehr während solcher Großereignisse aus der Innenstadt heraushalten.
Zukunftswerkstätten für Düsseldorf
Der Zukunftsforscher Robert Jungk hat schon vor über 30 Jahren sogenannte Zukunftswerkstätten entwickelt, in denen Experten und Bürgerinnen zusammen über die Zukunft von Städten, der Industrie oder auch nur einzelnen Wohnquartieren diskutierten. Schon als junger Journalist habe ich damals begeistert dabei mitgemacht. Düsseldorf benötigt diese großen und kleinen Zukunftswerkstätten, in denen insbesondere der Klimaschutz für die Stadt neu gedacht wird.
Düsseldorf, früher „Klein-Paris“ genannt, sollte sich an der Stadt der Liebe in Frankreich ein Vorbild nehmen: Dort wird der Pkw-Verkehr so weit wie möglich aus dem Stadtzentrum verbannt. Blech raus, Grün rein.
Oper-Milliarden für den Klimaschutz
Düsseldorf sollte nicht nur wöchentlich eine neue Großveranstaltung entwickeln, sondern überlegen, wie sich die Autoflut bei Events mit hunderttausenden Besuchern konsequent aus der Innenstadt heraushalten lässt.
Die städtischen Klimaschutzpläne mit Trinkbrunnen und Klimaräumen gegen Hitze sollten nur der Anfang großer Klimaschutzprojekte sein. Statt voraussichtlich zwei Milliarden Euro in eine neue Oper zu investieren, sollte Düsseldorf das Geld besser für nachhaltige Klimaschutzmaßnahmen nutzen und so eine lebens- und liebenswerte Stadt für die nächsten Generationen bewahren.
Hintergrundberichte zu meinem Spezialgebiet „Vermisste Menschen und die Situation ihrer Angehörigen“ im Experts Circle von Focus-online.
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Foto Verkehrsstau auf der Luegallee während der Kirmes 2024: Jamin
Fotoporträt Jamin: Fyeo