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Luftfilter-Affäre (I): Karriere zerstört

Es gilt die Unschuldsvermutung für den Angeklagten. Das ist ein oft zitierter Hinweis in den Medien bei Gerichtsprozessen. Doch wie ernst wird diese Unschuldsvermutung tatsächlich genommen? In der Stadtverwaltung meiner Lieblingswohnstadt Düsseldorf spielt das offensichtlich keine große Rolle.

In der Affäre um die Bestellung von Luftfiltern für Düsseldorfer Schulen u.a. durch den stellvertretenden Leiter des Schulverwaltungsamts und einen damit verbundenen Verdacht der Korruption geht es um Schuld und Unschuld. Und um den fristlosen Rauswurf des Beschuldigten durch Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller.

Unfair: Fristlose Entlassung

Der Beschuldigte, bis Jahresanfang noch ein angesehener Mitarbeiter der Behörde, wurde im März 2021 fristlos entlassen. Zu einem Zeitpunkt, als er nicht einmal als Angeklagter im Gerichtsaal saß, sondern nur Verdächtigungen im Raum standen. Die eingeschaltete Kripo und die Staatsanwaltschaft hatten noch nicht einmal ihren Job richtig gemacht.

Auch wurde die Begründung für die Entlassung des Managers von der Stadtverwaltung erst vier (!) Monate nach der Entlassung, im Juli 2021, nachgereicht. Darf jemand von seinem Arbeitgeber fristlos gekündigt werden, wenn seine Schuld nur behauptet wird, aber noch nicht bewiesen ist? Und wäre es nicht sinnvoll und fair gewesen, den Mann zunächst von seinem Job freizustellen? 

Komisch: Keine Suspendierung

Wie man hört, handelt es sich bei dem Verdächtigen um einen sehr engagierten und bewährten Manager der Stadtverwaltung. Arne Lieb, stellvertretender Leiter der Düsseldorfer RP-Lokalredaktion und verantwortlicher Redakteur für Kommunalpolitik ist mit den Befindlichkeiten in der Düsseldorfer Stadtverwaltung gut vertraut. Er schreibt dazu in der RP: „Der Fall erregt in Verwaltung und Politik großes Aufsehen, nicht zuletzt, weil der Mitarbeiter als großes Talent galt und bereits zuvor mit wichtigen Projekten betraut gewesen war.“ 

Wenn eine Stadtverwaltung so einen wichtigen Angestellten mit Aufsteiger-Potential  Knall auf Fall entläßt, sollten doch echte, also knallharte Beweise vorliegen?! Selbst das strenge Beamtenrecht sieht im Normalfall etwa bei Korruptionsverdacht eine sogenannte Dienstenthebung oder beamtenrechtliche Suspendierung vor. Unter Umständen können auch die Bezüge bis zu 50 Prozent gekürzt werden.

Gefahr: Zerstörte Karriere

Für mich ist das eine der Kernfragen in dieser Luftfilter-Affäre: Waren die Vorwürfe gegen den Mitarbeiter im März 2021 so handfest, dass eine Kündigung gerechtfertigt war, oder hat Ratshaus-Chef Keller leichtfertig die berufliche Existenz eines bewährten Mitarbeiters aufs Spiel gesetzt?

Denn selbst wenn sich beim anstehenden Arbeitsgerichtsprozess im Oktober 2021 herausstellen sollte, dass die Kündigung des Stadtmanagers nicht gerechtfertigt war, bleibt dessen Karriere trotzdem zerstört. Für einen erst 40-jährigen Verwaltungsangestellten eine existentielle Katastrophe.

Schweigsam: die Stadtverwaltung

Meine Frage darum an die Düsseldorfer Stadtverwaltung: Warum hat man den stellvertretenden Leiter des Schulverwaltungsamts nicht bis zum Ausgang der Ermittlungen von Polizei und Staatsanwalt zunächst suspendiert, sondern ihm noch im Vorermittlungsverfahren im März 2021 fristlos gekündigt? 

Vom Presseamt der Stadt gab es dazu keine Antwort. Schon gegenüber der Rheinischen Post lehnte die Stadtverwaltung kürzlich jede Stellungnahme mit Hinweis auf das laufende Verfahren ab. Solche Hinweise kennt man von Politik und Verwaltung, wenn man sich nicht die Finger verbrennen will.

Eiskalt: Mitarbeiter gefeuert

Bei einem solchen Umgang mit dem Personal in der Düsseldorfer Stadtverwaltung hat man ein beklemmendes Gefühl. Offensichtlich lässt Oberbürgermeister Keller auch bewährte Mitarbeiter*innen eiskalt über die Klinge springen, sobald Vorwürfe gegen ihre Arbeitsweise oder Integrität auftauchen.  

Auch hat der OB dem Vernehmen nach nie das Gespräch mit seinem stellvertretenden Amtsleiter gesucht. Dass beide auch noch CDU-Parteifreunde sind, sei hier nur aus Informationsgründen erwähnt, stehen doch Rathäuser im Verdacht die Hochburgen von Parteienklüngel zu sein.

Ignoriert: Unschuldsvermutung

Hundertprozentige Beweise für die Schuld scheinen nicht Voraussetzung für eine fristlose Entlassung von städtischen Mitarbeitern zu sein. Die juristische Vorgehensweise, „Im Zweifel für den Angeklagten“ zu entscheiden, und die „Unschuldsvermutung“ zu berücksichtigen, scheinen in der Düsseldorfer Stadtverwaltung ebenfalls keine große Rolle zu spielen. 

Bedenklich, ist doch OB Keller promovierter Jurist und sollte die Hürden von Vorverurteilungen für Betroffene kennen. Das ist nicht gut fürs das Arbeitsklima in einer Behörde oder einem Unternehmen und zerstört das Vertrauen der Mitarbeiter*innen in die Unternehmensführung.

In der nächsten Folge II zur Luftfilter-Affäre am Freitag, 27. August 2021, lesen Sie: Alles nur heiße Luft?

#Düsseldorf #jaminautor #BlogAufEinenCappuccino  #Unschuldsvermutung  #Arbeitsgericht  #OBKeller #HeißeLuft

(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de)

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