Vor zwei Wochen berichtete ich in meiner Kolumne über die sogenannte „Größte Kirmes am Rhein“ in meiner Lieblingswohnstadt Düsseldorf. Ich wies auf die Probleme der Anwohner in Düsseldorf-Oberkassel hin. Das ist der Stadtteil, in dem die Kirmes in den Rheinwiesen stattfindet. Übrigens ein Landschaftsschutzgebiet, das den Namen nicht verdient.
Bewohner klagten über Probleme. Beim Parken. Verkehrsstaus. Wildpinkler an Häuserecken. Lärm durch Straßenbahn 24/7. Müll in Vorgärten. Pallaver durch Betrunkene gerne nach Mitternacht. Rasende Rollerfahrer auf Bürgersteigen. Geklaute Fahrräder. Unfälle beim Rangieren der Pkw.
Leider keine 4 Millionen Besucher
In der Bilanz der Kirmes-Veranstalter vor einigen Tagen war davon natürlich nicht die Rede. Die offizielle Kirmes-Bilanz: alles super! Abgesehen davon, dass ein paar Hunderttausend Besucher zum Supercoup fehlten. Man hatte auf 4 Millionen Besucher an zehn Tagen gehofft.
Man muss sich einmal vorstellen, was das für einen Stadtteil, in dem rund 17.000 Menschen wohnen, bedeutet. Jeden Tag strömen aus dem ganzen Land 400.000 Menschen auf ein kleines Fleckchen Erde.
Jeden Tag zehnmal ein Fußballspiel
Wer schon mal bei einem Fußballspiel war, hat eine Vorstellung davon sich wie Sardinen in einer Büchse zu fühlen. Zehnmal so viele Sardinen werden bei der Kirmes täglich in eine Dose gepresst. Die Besucher von zehn Fußballspielen an einem Tag!
Immer höher, immer schneller, immer größer, immer mehr. Bei all den Superlativen vergessen Düsseldorfs Politiker und Event-Macher, dass es auch noch Lebensqualität gibt, die sich abseits des Rummels entwickeln kann.
Mehr Qualität statt Quantität
Wir brauchen in Düsseldorf nicht noch mehr. Wir brauchen in Düsseldorf mehr Qualität. Im Umfeld der Mammut-Kirmes gab es zehn Tage lang täglich stundenlang kilometerlange Autoschlangen und -staus.
Man muss nicht mal von Klimaschutz sprechen – man sollte nur einmal die Belastung der Anwohner durch Autoabgase messen. Anwohner berichten im Nachbarschaftsportal nebenan.de zum Beispiel: „Ich habe den Eindruck, die Parksituation ist schlimmer geworden.“
Mit Vollgas in die Einbahnstraße
Immer mehr Veranstaltungen belasten die Bürger: „Es ist ja doch so einiges, was `auszuhalten` ist. Rheinkirmes, Marathon, Triathlon oder auch zusätzlich mal die Tour de France…“
Ich selbst habe in meiner letzten Kolumne über meine Beobachtungen geschrieben. Mindestens 10 x beobachtete ich, wie Pkw von der Luegallee verkehrswidrig in die Einbahnstraße Oberkasseler Strasse Richtung Niederkassel gefahren sind. Mit Vollgas in die Einbahnstraße – gegen die Regelrichtung. Auch an anderen Straßen fuhren Kirmesbesucher mit ihren Pkw verbotswidrig in gesperrte Straßen ein. Sie nutzten die Lücken neben den Absperrpollern.
Verkehrsbilanz: Es ist die Hölle
„Ich wohne mein Leben lang mit ein paar Unterbrechungen in Oberkassel. Jedes Jahr haben wir mehr auszuhalten“, klagte eine Anwohnerin. „Unerträgliche Verkehrssituation!“, schrieb eine andere.
„Es ist die Hölle los und alle Ampeln ausgeschaltet“, meldete eine andere Internet-Userin. „Ich bin ein großer Freund der Kirmes und besuche sie seit 20 Jahren. Aber was sich in den letzten Tagen auf unseren Straßen abspielt, ist grenzwertig“, bestätigte ein anderer User von nebenan.de.
SPD, CDU, FDP, Grüne, Linke schweigen
Meine Kirmes-Bilanz: Zu all den Vorfällen und Problemen rund um die Kirmes fanden weder die Politiker, Behördenmitarbeiter noch Kirmes-Veranstalter ein Wort. Die Probleme werden ignoriert. Hauptsache bald vier Millionen Menschen spülen in der Alt-Stadt viel Alkohol runter.
Schweigen wie jedes Jahr. Hallo SPD, CDU, FDP, Grüne und Linke: Kommunikation auf Augenhöhe mit den Bürgern rund um die Kirmes sieht anders aus.
Leute, greift zu den Waffen!
Das Problem mit den Problemen: Wenn in einer offiziellen Bilanz nach einer Veranstaltung die Probleme ignoriert werden, wird sich auch bei der nächsten Veranstaltung nichts ändern. Mein Tipp: Leute, greift zu den Waffen! Die besten Waffen sind Schreibfedern, Computer, Füller und Kugelschreiber – also Briefe an den Oberbürgermeister.
Für die Kirmes im nächsten Jahr sollte ein Besucherrekord von 3 Millionen Menschen angestrebt werden. Das wären schon mal 700.000 Besucher weniger. Und weniger ist ja bekanntlich mehr.
#Alkoholismus #AltStadt #Düsseldorf #größtekirmesamrhein #jaminautor #spassohneverstand #Parteien #spassverderber
(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de)