Selbst wenn es um die schlimmsten aller Gewalttaten, die Ermordung von Menschen geht, wird in Deutschland mit zweierlei Maß gemessen. Das Attentat von Aschaffenburg, bei dem ein offensichtlich psychisch kranker Ausländer ein kleines Kind und einen Mann ermordete, schlägt seit Tagen hohe Wellen in Politik und Gesellschaft.
Vor allem Oppositionspolitiker Friedrich Merz, als CDU/CSU-Kanzlerkandidat offensichtlich in zu großen Schuhen im Land unterwegs, proklamierte in markigen Worten: „Die abscheuliche Tat in Aschaffenburg hat große Betroffenheit ausgelöst.“ Das sei eine „neue Qualität einer völlig enthemmten Brutalität in Deutschland“.
Ausländer tötet seine Exfrau mit Messerstichen
Es reicht, sagte Friedrich Merz nach dem Attentat von Aschaffenburg vor wenigen Tagen. Kein Wort verlor er aber darüber, als vor wenigen Tagen in Berlin ein Prozess gegen einen Ausländer begann, der seine Ex-Frau aus Eifersucht ermordet hatte.
Vielfach hatte der Täter in Berlin-Zehlendorf auf den Körper des Opfers eingestochen. Eine Zeugin hatte sich sogar noch auf den Körper der Frau geworfen, um sie zu schützen. Vergeblich. Das Opfer starb.
Die Staatsanwaltschaft geht bei dieser Tat von einem Femizid aus, also von der Tötung einer Frau aufgrund ihres Geschlechts. Konkret soll sich der Mann an seiner früheren Frau dafür gerächt haben, weil sie ihn verlassen hatte.
Hunderte Frauenmorde durch deutsche Männer
Vor dem Gerichtsgebäude in Berlin protestierte nur eine kleine Gruppe gegen Femizide. Teilnehmer hielten unter anderem ein Banner hoch mit der Aufschrift „Wir wollen uns lebend. Stoppt Femizide“. Von CDU/CSU, FDP oder AfD oder Friedrich Merz in diesen Reihen keine Spur.
Kein Wort von Merz zu den hunderten Morden durch – vorwiegend deutscher Männer – an Ehefrauen, Lebenspartnerinnen oder Ex-Frauen in den vergangenen Jahren.
Versagen bei Schutz deutscher Frauen
Dafür aber seit Tagen extremes politisches Palaver gegen die Migranten in Deutschland à la Merz: „Ich weigere mich anzuerkennen, dass die Taten von Mannheim, Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg die neue Normalität in Deutschland sein sollen. Das Maß ist voll. Wir stehen vor dem Scherbenhaufen einer seit zehn Jahren fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik.“
Attentate von Migranten sind Normalität? Normalität ist eher die Gewalt gegen Frauen. Da stehen wir vor einem Scherbenhaufen, weil die Politik es nicht geschafft hat, deutsche Frauen vor ihren meist deutschen Männern zu schützen.
Das ist heute DIE Normalität in Deutschland. Ein massives Problem in unserer Gesellschaft. „Frauen werden häufiger Opfer von häuslicher Gewalt, sie werden im Vergleich zu Männern fast sechsmal öfter Opfer von Sexualstraftaten und auch im digitalen Raum sind über die Hälfte der Opfer weiblich. Die Zahlen lassen daran keinen Zweifel, der Staat muss Frauen davor besser schützen“, schreibt das Bundesinnenministerium.
Lebenslange Haft für die Frauenmörder
Gleich zu Beginn ihrer Amtszeit hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser dem Thema Gewalt gegen Frauen große Priorität eingeräumt: „Wenn Frauen getötet werden, weil sie Frauen sind – dann sind das Femizide. Diese müssen so benannt und auch so bestraft werden: mit lebenslanger Haft.“
Alle vier Minuten erlebt eine Frau Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner. Diese Gewalt in den eigenen vier Wänden wird – so das Bundesinnenministerium – in der öffentlichen Debatte viel zu häufig verschwiegen und als privates Schicksal abgetan.
Mit den Toten die Wählerstimmen fangen
Dabei ist das Ausmaß dieser Gewalt riesig: 2023 wurden in Deutschland 155 Frauen Opfer von Gewalttaten mit tödlichem Ausgang durch ihre Partner oder frühere Partner. Das Bundesinnenministerium erfasste insgesamt 132.966 weibliche Opfer von Partnerschaftsgewalt und 47.749 weibliche Opfer von innerfamiliärer Gewalt.
Das Erschreckende: Wenn es etwa um die Ermordung von Frauen und ihren Kindern durch Ehe- oder Lebenspartner geht, reagiert unsere Gesellschaft in recht gemäßigter Form. Im Gegensatz zu dem großen Wahlkampfgetöse von CDU/CSU, AfD und FDP, mit denen diese Parteien Wählerstimmen bei der Bundestagswahl am 23. Februar gewinnen wollen. Das wird den Schreihälsen vermutlich auch gelingen.
Gesellschaft wird immer radikaler
Doch unsere Gesellschaft wird gerade durch die Aktivitäten der Parteien in den Reaktionen auf gesellschaftliche Entwicklungen immer radikaler. Und nicht gerechter. Wir sollten uns bemühen, die negativen Entwicklungen in unserer Gesellschaft nicht unterschiedlich zu bewerten, sondern gerechte Maßstäbe anzulegen.
Wenn die CDU/CSU (die Hetzer-Partei AfD ohnehin) nach dem Attentat jetzt den Teufel an die Wand malt und so tut, als würde Deutschland wegen der Migranten in den nächsten Monaten zusammenbrechen, ist das falsch. Sie ignoriert die vielen internationalen und deutschen rechtlichen Probleme und auch die Tatsache, dass es schon viele Bemühungen durch die noch regierende Ampel-Koalition gegeben hat und noch immer gibt, das Migranten-Problem in den Griff zu bekommen.
Opfer von Migranten sind mehr wert als Frauen
Durch das Wahlkampfgetöse und eine politisch getriebene, falsche Trauer um zwei Attentatopfer beschämt man aber all jene Frauen und Kinder, die ihr Leben durch einen männlichen Täter in den vergangenen Jahren verloren haben.
Diese Tausende Frauen und Kinder werden in diesen Tagen zu Ermordeten zweiten Grades. Zu Toten, die für die Politik nicht so wichtig sind. Offensichtlich sind für den Oppositionsführer Friedrich Merz die Opfer von Migranten mehr wert als die Opfer von meist deutschen Männern.
In den Kirchen der Welt sind alle Toten gleich
Vor Gott, liebe christliche Union, sind alle Menschen und alle Toten gleich. Und in den Kirchen dieser Welt erhält jeder Tote und jede Tote einen gleichen Platz.
Mit Toten darf man keine Politik machen.
Hintergrundberichte zu meinem Spezialgebiet „Vermisste Menschen und die Situation ihrer Angehörigen“ im Experts Circle von Focus-online.
#Shortstorys #Düsseldorf #jaminautor #BlogAufEinenCappuccino #Literatur #Kurzgeschichten #BookTok #StoryTok #BuchTok #Femizide #Migranten
Foto Screenshot CDU: Jamin
Fotoporträt Jamin: Fyeo