Das läßt er nicht auf sich sitzen – die Angriffe von OB-Kandidat Dr. Stephan Keller (CDU). Oberbürgermeister Thomas Geisel, der Titelverteidiger bei der Kommunalwahl am kommenden Sonntag, wehrt sich in einer Stellungnahme.
„Es verwundert schon, welch große Töne der CDU-Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters, Stephan Keller, im Hinblick auf die Rheinbahn spuckt“, schreibt der OB meiner Lieblingswohnstadt Düsseldorf in einer Stellungnahme zu meinem Blog vom vergangenen Freitag.
CDU-Verkehrspolitik des letzten Jahrhunderts
„Zunächst einmal sei daran erinnert, dass wesentliche Probleme, unter denen die Rheinbahn heute noch zu leiden hat, auf die Zeit vor 2015 zurückzuführen sind. Damals wurde das Unternehmen regelrecht kaputtgespart. Stephan Keller war seinerzeit Mitglied des Aufsichtsrates; Aufsichtsratsvorsitzender war der CDU-Ratsherr Andreas Hartnigk.“
Wumms. Um es mit Geisels Parteikollegen, Bundesfinanzminister Olaf Scholz, zu sagen. Und Geisel kann auch – wie Scholz – die Bazooka rausholen: „Mein Mitbewerber Keller, über dessen gelegentliche im Vagen bleibende Aussagen ich mich, wie gesagt, wundere, vertritt die Verkehrspolitik des letzten Jahrhunderts.“
Auf effiziente Verkehrsmittel umsteigen
Dann lobt sich Geisel selbst, bleibt ganz der Wahlkämpfer: „Die Verkehrspolitik, die ich vertrete und angepackt habe, bedeutet mehr Lebensqualität in der Großstadt und zugleich Klimaschutz. Denn dafür müssen wir Anreize schaffen — also auf effiziente Verkehrsmittel, also Bus, Bahn und Fahrrad umsteigen. Die sind platzsparend, emissionsarm, preiswert und schnell. Das ist die Zukunft.“
Dann kommt Geisel zum Rheinbahn-Desaster selbst. Wer meine Kolumnen dazu bisher noch nicht gelesen hat, findet sie hier:
◆ Wer ist schuld am Rheinbahn-Desaster?
◆ Rheinbahn-Desaster #2: Millionenspiel für Eingeweihte
In diesen Blogs habe ich mich mit den vielen ungeklärten Fragen zu den seit 2017 ausstehenden Lieferungen von 59 neuen Straßenbahnen HF6 von Bombardier Transportation an die Rheinbahn AG befasst. Dabei geht es um rund 167 Millionen Euro – und viele Millionen Euro der Düsseldorfer Steuerzahler.
Unter CDU-Ägide bei Rheinbahn gespart
In seiner Stellungnahme schießt Geisel weiter recht klug gegen die CDU und „bemüht dabei ein wenig die Historie, damit Sie die Fakten richtig einordnen können: Der damalige Vorstandsvorsitzende der Rheinbahn hat unter der CDU-Ägide an Material und Personal gespart. Sein Nachfolger, Michael Clausecker, wurde einstimmig vom Aufsichtsrat bestellt; wobei der Umstand, dass der Präsidialausschuss lediglich eine Person, nämlich Herrn Clausecker, dem Aufsichtsrat zur Bestellung vorschlug, auf den ausdrücklichen Wunsch des CDU-Vertreters in diesem Gremium zurückging.“
Geisel weiter: „Dass der Aufsichtsrat vom Vorstand nur unzureichend und in der Regel zu spät über Schwierigkeiten, Unregelmäßigkeiten und Verzögerungen bei Beschaffungsvorgängen unterrichtet wurde, ist bedauerlich und wurde erstmals im Zusammenhang mit der Generalüberholung der NF6-Fahrzeuge deutlich. Selbstverständlich habe ich gehandelt: Als Aufsichtsratsvorsitzender habe ich dies zum Anlass genommen, eine sorgfältige Untersuchung des Vorgangs durch die Revision einzuleiten. Mittlerweile ist dieser Missstand abgestellt, und der Aufsichtsrat wird zeitnah über entsprechende Vorgänge unterrichtet.“
Über Unkenntnisse von OB-Kandidat Keller
„Wenn Stephan Keller darauf hinweist, der Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende müsse die Beschaffung der HF6-Fahrzeuge nunmehr zur ‚Chefsache‘ machen und direkt den Kontakt mit der Herstellerfirma suchen, sprich dies in erster Linie für seine Unkenntnis über die Vorgänge bei der Rheinbahn und ein mangelndes Verständnis von der Rolle eines Aufsichtsratsvorsitzenden“, kontert Geisel.
„Tatsächlich nämlich habe ich mich, nachdem ich von den Lieferschwierigkeiten unterrichtet wurde, nach Rücksprache mit dem Vorstand sofort an den (damaligen) Vorstandsvorsitzenden von Bombardier gewandt und erfolgreich auf die Zusage gedrungen“, so Geisel, „dass bis zur Fahrplanumstellung jedenfalls so viele genehmigungsfähige Fahrzeuge geliefert sein müssen, dass die geplante Taktverdichtung stattfinden kann. Misslich ist, dass es zwischenzeitlich zu weiteren Verzögerungen gekommen ist.“
180-Euro-Jahresticket für die Jugend
Damit kann natürlich, so Geisel, niemand zufrieden sein: „Aber eine unmittelbare Einmischung des Aufsichtsratsvorsitzenden in operative Vorgänge unserer städtischen Beteiligungensunternehmen sollte allerdings die Ausnahme bleiben. Dies ist die Aufgabe der Vorstände und Geschäftsführer. Besteht insofern kein Vertrauen mehr, dass sie dazu in der Lage sind, sind personelle Veränderungen über den Aufsichtsrat herbeizuführen.“
Als Oberbürgermeister und als Aufsichtsratsvorsitzender sei Thomas Geisel „für die Leitlinien zuständig. Und da sind wir in Düsseldorf engagiert dabei, auf eine echte Verkehrswende zuzusteuern. Zuverlässigkeit, Schnelligkeit und die Erweiterung des Angebots, zum Beispiel abends, sind die wichtigsten Argumente für die Nutzung der Rheinbahn. Aber wir brauchen auch ein günstiges Tarifsystem. Deshalb setze ich mich für die Einführung des 365-Euro-Tickets ein. Und ein halb so teures Ticket für Kinder, Schülerinnen und Schüler und Studierende“.
Fragen am Mittwoch im Verkehrsausschuss
Soweit also die harsche Stellungnahme von Oberbürgermeister Geisel. Das Rheinbahn-Desaster hat sich bislang weitgehend hinter geschlossenen Türen von Vorstand, Aufsichtsrat und Politik abgespielt. Die Zeiten des Klüngelns zwischen Vorstandsetagen und Politiker-Beletagen sollten aber eigentlich vorbei sein.
Es wird Zeit, dass endlich die Bürger*innen umfassend über die Vorgänge hinter den Kulissen informiert werden. Erste Gelegenheit dazu bietet sich am kommenden Mittwoch, 16. September 2020, 17 Uhr, in der Sitzung des Verkehrsausschuss im Plenarsaal des Rathaus.
Vielleicht noch ein heißer Stichwahlkampf
Die Ausschussmitglieder befassen sich – wie in meinem Blog in der vergangenen Woche angekündigt – auf Antrag von Kellers CDU mit den Vorgängen bei der Rheinbahn. Es dürfte eine spannende Sitzung werden. Denn der Wahlkampf wird vermutlich weiter gehen. Am Horizont der Meinungsumfragen zeichnet sich eine Stichwahl zwischen OB-Titelverteidiger @ThomasGeisel und Titelangreifer @StephanKeller ab.
Ich werde mir die Sitzung des Verkehrsausschusses jedenfalls nicht entgehen lassen. Schau’n wir mal, ob Keller & CoCDU den Konter Geisels auf sich sitzen lassen?! Vielleicht wird’s doch noch ein heißer Endwahlkampf der beiden Spitzenkandidaten von CDU und SPD auf der Schwelle zum OB-Büro…
Fotomontage: CDU-, SPD-Wahlwerbung
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(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de)