Heute klage ich einmal in eigener Sache. Beziehungsweise, ich klage über eine verlorene Klage vor dem Arbeitsgericht in Essen. Auch das Berufungsverfahren habe ich verloren. Unterstützt wurde ich dabei – großes Dankeschön! – vom Deutschen Gewerkschaftsbund, DGB, beziehungsweise von Verdi/dju, der Journalisten-Gewerkschaft.
Pech für mich, Glück für meinen früheren Arbeitgeber, einem großen deutschen Medienkonzern, deren Eigentümer*innen Milliarden-schwer sind. Für sie habe ich in den 1970er und 1980er Jahren immerhin fast 15 Jahre lang gearbeitet. Bei dem Streit geht es um meine Betriebsrente, die mir verweigert wird.
Gesetz hebt Vertrag auf
Zugegeben, es geht nicht um sehr viel Geld und nicht um meine wirtschaftliche Existenz. Die Betriebsrente hat den Wert von etwa sechs Abendessen im Monat in einem bürgerlichen Restaurant wie man es etwa im „Brauhaus Alterbahnhof“ in meiner Lieblingswohnstadt Düsseldorf erhalten kann. Wenn ich Geld einspare, etwa beim Wechsel des Telefon- oder des Stromanbieters, rechne ich meinen Vorteil gerne in Abendessen um. Das macht Geld ein wenig sympathisch.
Meiner Meinung nach stehen mir monatlich rund 122 € Betriebsrente zu. Das allerdings sehen mein ehemaliger Arbeitgeber und auch das Essener Arbeitsgericht anders. (AZ 5-Ca-3124/20) Beide sind der Meinung, dass eine staatliche Regelung zur Betriebsrente meinen Vertrag mit dem Medienkonzern über eine „Alters- und Hinterbliebenenversorgung“ aufhebt. Und zwar ersatzlos.
Milliardäre sparen 122 Euro
Mit anderen Worten: Das, was mir mein früherer Arbeitgeber vor vielen Jahren vertraglich zugesprochen hat, trifft heute nicht mehr zu. Bedingungen damals waren, dass ich beispielsweise mindestens fünf Jahre dem Unternehmen angehört haben musste. Bei mir waren es fast 15 Jahre.
Um eine Betriebsrente nach den staatlichen Bedingungen zu bekommen hätte ich noch ein paar Monate länger arbeiten müssen, um ein gesetzliches Mindestalter (35) erreicht zu haben. Aber ich wusste nicht, dass es diese Vorgabe gab – und mein Arbeitgeber hat mir das nicht gesagt. So ist die Versorgungsordnung von meiner super-multi-reichen Arbeitgeber*innen-Familie nicht das Papier wert, auf das sie gedruckt war.
Ein Opfer eines Gesetzes
Unter dem Strich bin ich nun ein Opfer des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) geworden. Diese Regelung sorgt bundesweit dafür, dass Arbeitnehmer unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf eine Betriebsrente haben.
Das ist grundsätzlich ja eine gute Sache. Nur haben die Gesetzgeber offensichtlich damals übersehen, dass es bereits Verträge gab, die diese Betriebsrente regelten und unter anderen Bedingungen geschlossen worden waren.
Petitionsausschuss anrufen
Nun bleibt mir nichts anderes übrig, als mich an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages weg des für mich schlechten Gesetzes mit einer Eingabe zu wenden. Ich habe etwas damit gewartet, weil ich nicht gleich nach der Bundestagswahl den neu besetzten Ausschuss mit meiner Eingabe überfordern wollte. Inzwischen dürften sich auch die neuen Bundestagsmitglieder in ihre Jobs eingearbeitet haben.
Der Petitionsausschuss ist u.a. dafür da die Folgen der Gesetzgebung durch den Deutschen Bundestag zu überprüfen und gegebenenfalls zu empfehlen, dass die Gesetze nachgearbeitet werden. In meinem Fall wäre das angebracht. Ob ich Erfolg habe, steht in den Sternen.
Gewerkschaftsmitglied werden
Auch wenn ich die Prozesse gegen meinen Ex-Arbeitgeber verloren habe, so möchte ich hier allen Arbeitnehmer*innen einen wichtigen Tipp geben: Werdet Gewerkschaftsmitglied, dann steht ihr auch in fast aussichtslosen Arbeitsrecht-Situationen nicht allein da.
Ich bin übrigens seit mehr als 50 Jahren Mitglied der Gewerkschaften „Verband deutscher Schriftsteller“ und „Deutsche Journalisten Union“ in der „Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di“ – und immer noch von ihrer Bedeutung für die Gesellschaft und den einzelnen überzeugt. Ich warte derweil mal ab, ob ich irgendwann doch noch die sechs Abendessen im Monat zugesprochen bekomme. Hunger darauf hätte ich…
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(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de)