Nein, Ein Entführer oder Mörder von Maddie ist weder überführt noch gefasst. Vor wenigen Tagen meldete das Bundeskriminalamt, dass die Staatsanwaltschaft in Braunschweig „im Zusammenhang mit dem Verschwinden des damals 3-jährigen britischen Mädchens Madeleine Beth McCann am 03.05.2007 aus einer Appartementanlage in Praia da Luz in Portugal gegen einen 43-jährigen deutschen Staatsangehörigen wegen des Verdachts des Mordes ermittelt“.
In den deutschen Medien sieht es nun so aus, als hätte die Polizei schon den Mörder an der Angel und es fehlten nur noch ein paar Beweise, um ihn zu überführen. Das Gegenteil ist der Fall: Es gibt nicht einen Beweis, dass der Mann tatsächlich das kleine Mädchen entführt oder gar getötet haben könnte.
Es gilt die Unschuldsvermutung
Für einen Verdächtigen gilt grundsätzlich die Unschuldsvermutung. Bei dem Mann handelt es sich jedoch nicht einmal um einen „mutmaßlichen Täter“ wie Medienberichte suggerieren. Der Mann ist in Verdacht geraten, weil er sich möglicherweise zum Zeitpunkt des Verschwindens von Maddie in der Gegend befunden hat. Außerdem ist er einschlägig vorbestraft u.a. wegen sexueller Gewalt gegen Kinder.
Es passiert beim Verschwinden von Menschen allerdings immer wieder, dass sie wegen zweifelhafter Umstände als Täter*in in Verdacht geraten. Häufig stellt sich später die Unschuld des Verdächtigen heraus. Im aktuellen Fall befinden sich die Ermittler auf ganz wackligem Boden. Da ist wenig Substanz.
Eltern von Maddie auch mal verdächtig
Nicht umsonst halten sich die Eltern von Maddie im Moment sehr zurück. Sie haben schon öfter große Enttäuschungen erlebt, weil Polizisten in Portugal oder England gedacht haben, sie wären dem Täter dicht auf der Spur. Auch sie selbst, die Eltern, wurden schon als mögliche Täter gehandelt.
Das ist übrigens ein ganz normales Verfahren bei Vermisstenfällen, bei denen die Polizei Mord, Todschlag oder Entführung vermutet. Viele Verbrechen geschehen durch Personen im unmittelbaren Umfeld des Opfers. Ich habe in den rund 30 Jahren, die ich mich mit Vermisstenfällen befasse, schon öfter erlebt, dass die falschen Menschen als Täter verdächtigt wurden.
Keine Beweise für Entführung oder Mord
„Derzeit verbüßt der Beschuldigte in anderer Sache eine längere Haftstrafe. Der Beschuldigte lebte zwischen 1995 und 2007 regelmäßig an der Algarve, unter anderem für einige Jahre in einem Haus zwischen Lagos und Praia da Luz. Nach hier vorliegenden Erkenntnissen ging er in dieser Zeit im Raum Lagos mehreren Gelegenheitsjobs, unter anderem in der Gastronomie, nach“, schreibt das BKA in einer Pressemitteilung.
Weitere Anhaltspunkte, so das Bundeskriminalamt, legen nahe, dass er seinen Lebensunterhalt zudem durch die Begehung von Straftaten, darunter Einbruchdiebstähle in Hotelanlagen und Ferienwohnungen sowie Drogenhandel, bestritt. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ist mit den Ermittlungen befasst, weil der Beschuldigte vor seinem Auslandsaufenthalt seinen letzten Wohnsitz im hiesigen Bezirk hatte.
Bevölkerung soll Polizei Hinweise geben
Das alles sind keine Hinweise darauf, dass der Verdächtige Maddies Mörder ist. Im Gegenteil. Die Polizei scheint nicht viele Beweise für die Tat des Mannes zu haben. Da ist es nur gut, dass er wegen einer anderen Straftat in einer Justizvollzugsanstalt sitzt. Sonst hätte man ihn, bei einer Verhaftung, schon längst wieder freilassen müssen.
Trotzdem ist es natürlich gut, dass die Polizei die Bevölkerung aufruft, Hinweise zu geben. Auch wenn es sehr schwer ist nach so vielen Jahren noch gute Hinweise zu bekommen, ist es ein Versuch wert. Doch trotz Aktenzeichen-XY-Fahndung und einem Berg an Medienberichten sollten wir immer bedenken: Der Mann, um den es geht, ist im Fall Maddie noch immer total unschuldig.
Foto: Madeleine McCann / Quelle: Metropolitan Police Service
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(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de)