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Viel Krach: Israel-Krieg und Juden-Verfolgung sind an der längsten Theke der Welt in Düsseldorf angekommen

Vor wenigen Tagen landete der Israel-Krieg mitten auf der längsten Theke der Welt in der Düsseldorfer Altstadt. Und darüber hinaus sorgte ein lautes Schweigen vieler Institutionen, Organisationen, Vereine und Freundeskreise zum Israel-Krieg und der Verfolgung von Juden in Deutschland in der NRW-Landeshauptstadt für Kritik und öffentlichen Krach.

Krach 1: MASZ gegen Wirtesprecher

Der Vorsitzende der Altstadt-Wirte-Organisation, Walid El Sheikh, hatte sich auf Facebook zu den Palästinenser-Demonstrationen geäußert. Er schrieb: „Heute sterben wieder 144 Kinder in Gaza / alle 10 Minuten ein Kind durch israelische Bomben, die wir legitimieren / das ist ein Genozid im Namen der Selbstverteidigung / wer glaubt, dass damit Terror bekämpft wird oder Geiseln befreit werden, der glaubt auch an den Weihnachtsmann / wacht auf / jedes Leben ist wertvoll / CEASEFIRE NOW“

Ob der Post den Wertevorstellungen aller Altstadtwirte entsprochen hat, mag dahingestellt sein. Anstoß nahm jedenfalls die bundesweit bekannte Düsseldorfer FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. MASZ schrieb: „Die Äußerungen des Sprechers der Düsseldorfer Altstadtwirte, Walid El Sheikh, sind zutiefst beschämend und verharmlosen den Terror der Hamas auf unerträgliche Weise. Er schadet dem Ansehen unserer liberalen und weltoffenen Landeshauptstadt Düsseldorf. Herr El Sheikh muss zurücktreten und sein Sprecheramt abgeben.“

Wirtesprecher entschuldigt sich

Immerhin entschuldigte sich Walid El Sheikh kurz darauf für seine Bemerkung zum Genozid. Wenn der Vorsitzende einer Organisation oder Partei ins Kreuzfeuer gerät, können sich allerdings die Mitglieder nicht heraushalten. Jedenfalls standen sie nach seiner Genozid-Entschuldigung während einer Versammlung zu ihrem Vorsitzenden.

Das sollte jedoch nicht die einzige Solidaritätsbekundung bleiben. Ich rate den Altstadtwirten in meiner Lieblingswohnstadt Düsseldorf, eine Anzeige in den Düsseldorfer Medien in der Art der Kulturinstitute (siehe Foto) zu schalten.

El Sheikh antwortet auf Facebook

Der Streit zwischen MASZ und Walid El Sheikh zeigt, wie tief der Israel-Krieg gegen die etwa 50.000 Hamas-Terroristen und ihre Hunderttausenden Anhängern unter den Palästinensern bereits die Diskussionen der Deutschen beherrschen. Der Wirtesprecher El Sheikh antwortete der „Sehr geehrten Frau Dr. Strack-Zimmermann“, auf

Facebook: „Ihr öffentlich geposteter Rücktrittsaufruf beschäftigt mich sehr. Es trifft mich, dass mein Hinweis ‚jedes Leben ist wertvoll‘ von Ihnen in der Gesamtschau als ‚beschämend‘ eingeordnet wird. Ich stehe zu meiner Meinung: Insofern die Selbstverteidigung eines Landes in Rede steht, sind die aktuellen Angriffe auch auf die Zivilbevölkerung in Gaza kritisch zu sehen …“. 

Krach 2: Klage über Kultureinrichtungen

„Ich bin fassungslos angesichts dieser Passivität und Sprachlosigkeit“, klagte auch Manfred Neuenhaus (FDP), der Vorsitzende des Düsseldorfer Kulturausschusses, über die wichtigen Düsseldorfer Kultureinrichtungen. Sie sollen demnächst im Kulturausschuss des Stadtrates berichten, mit welchen Veranstaltungen sie auf den Krieg in Nahost eingehen wollen.

Dass der Kulturausschuss-Vorsitzende die Kultureinrichtungen ermahnen musste, sich des Themas Israel anzunehmen, ist schon sehr beschämend. Aber das ist ohnehin ein Problem der etablierten Düsseldorfer Kultur-Society. Gerne stehen sie auch mal zu Tausend zusammen bei einer Freiluft-Opernaufführung – das Engagement der mehr als 600.000 Düsseldorfer*innen für ihre jüdischen Mitbürger*innen ist gleich null, wenn man von den Teilnehmerzahlen der Solidaritätsveranstaltungen ausgeht. 

Mit 50 Teilnehmern zufrieden

Wenn etwa wie jüngst eine Lesung zur Solidarität mit Israel im Schauspielhaus ansteht, kommen kaum mehr als 300 Menschen. Es ist schon bedenklich, wenn der Schauspielhaus-Intendant Wilfried Schulz in seiner Begrüßungsrede darauf hinweist, sogar schon zufrieden gewesen zu sein, wenn nur 50 Personen gekommen wären. 

Das zeigt, wie desinteressiert viele Düsseldorfer offensichtlich an den gesellschaftlichen Themen sind und wie wenig sie bereit sind, zu wichtigen gesellschaftlichen Themen Haltung zu zeigen. Ein gänzlich anderes Bild auf Düsseldorfs Straßen bot dagegen etwa eine umstrittene Demonstration mit 17.000 Palästinenser gegen Israel.

Krach 3: Mahnmal für zwei Klassen

Hochgelobt wurde eine Veranstaltung am Standort der Alten Synagoge in der Düsseldorfer City. „Bewegende und aufrüttelnde Rede des Künstlers @MischaKuball zu seiner Lichtinstallation „missing_link“ am Standort der alten Düsseldorfer Synagoge“ hieß es u. a. auf Facebook

Vertreter aus der jüdischen Gemeinde, der Politik, der Verwaltung und der Wirtschaft hatten persönliche Einladungen für eine Veranstaltung in einem kleinen Raum im Hintergrund des Mahnmals für die nicht mehr vorhandene, verbrannte Synagoge erhalten.

Welche bewegende und aufrüttelnde Rede, fragte ich auf Facebook. Es war die Demonstration einer Zweiklassengesellschaft. In einem Festsaal wurden die Reden gehalten, während sich draußen das Fußvolk fast eine Stunde lang wegen Wind und Kälte an die Hausfassaden drückte. 

Sie waren einer Aufforderung zur Teilnahme in den Düsseldorfer Medien gefolgt und warteten darauf, dass um 23 Uhr endlich das Licht der Kunstinstallation eingeschaltet wurde. Gute Idee, schlecht umgesetzt.

Krach 4: Auch die Jonges schweigen

Aber auch in Freundeskreisen der gesellschaftlichen und kulturellen Vereine und Organisationen kracht es. Die Düsseldorfer Jonges, sonst bei gesellschaftlichen Fragen immer schnell mit Hinweis auf ihre Kommunikations- und Deutungsmacht zur Hand, halten sich überraschend zurück. Das führt zu Irritationen innerhalb der Mitgliedschaft.

Kein Wort vom Israel- und Juden-Konflikt auf der Homepage der Jonges. Dafür findet sich dort sehr prominent platziert ein sich selbst überschätzender Hinweis über die Bedeutung der Vereinigung: „Das hat Altbundespräsident Walter Scheel, seit 1977 Ehrenmitglied des Heimatvereins, bei einem Besuch in der Landeshauptstadt gesagt: ‚An den „Düsseldorfer Jonges“ kommt keiner vorbei‘.“

Lang, lang ist’s her. Offensichtlich haben die Macher dieser Website bei einem ihrer Altherren-Stammtische in der Düsseldorfer Altstadt zu tief ins Altglas geschaut.

Krach 5: Austritt aus Heine-Kreis

Und nun ein Hinweis auf einen Krach in eigener Sache: Für meinen Freund, dem Schriftsteller Jens Prüss, und mich, ist das Schweigen des Düsseldorfer Heine-Kreises jetzt Anlass, aus diesem auszutreten. Folgende Mail haben wir am Wochenende an den Freundeskreis geschickt: „Hiermit erklären wir, Peter Jamin und Jens Prüss, unseren Austritt aus dem Heinrich-Heine-Kreis mit sofortiger Wirkung.“ Zum Grund unserer Entscheidung stellten wir fest:

„Wir sind irritiert und enttäuscht über das unsensible Verhalten des Vorstands des Heine-Kreises und seiner Mitglieder. Obwohl der Verein seit vielen Jahren einen ‚Preis für Zivilcourage‘ an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens vergibt, hat es der Verein nicht für nötig gehalten, eine Solidaritätsbekundung mit den jüdischen Mitbürger*innen oder eine offizielle Stellungnahme oder eine Presseerklärung zur Situation der Juden in Deutschland und der Situation in Nahost herauszugeben“.

Iris Berben für Zivilcourage geehrt

„Dies finden wir umso trauriger, da der verstorbene Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, Mitglied des Heinrich-Heine-Kreises war“, schreiben wir in unserer Begründung weiter, „auch wurde unter anderem die Schauspielerin Iris Berben mit dem Preis für Zivilcourage des Heine-Kreises ausgezeichnet“. 

In der Begründung heißt es auf der Website des Heine-Kreises: „Für ihren engagierten und kämpferischen Einsatz gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus und für ihr Eintreten für das Existenzrecht des Staates Israel wurde am 20.11.2009 Iris Berben mit dem Preis für Zivilcourage ausgezeichnet, mit einer Laudatio des Juristen, Politikers, Publizisten und Fernsehmoderators Michel Friedmann“.

Auch Peter Maffay ein Preisträger

Preisträger war auch der Musiker Peter Maffay, der am 06.09.2015 geehrt wurde, und zwar für seine zahlreichen Aktivitäten gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und für Toleranz. Letztlich zeigt das Verhalten des Heine-Kreises nach Meinung von Jens Prüss und mir, in welch einem desolaten Zustand sich der Verein seit dem Tod des Gründers des Vereins, Karl-Heinz Theisen, der 2015 verstorben ist, befindet.

Theisens Herzensangelegenheit war immer der „Heinrich-Heine-Kreis“, dessen Vorsitzender er war. Der Kreis wurde 1997 gegründet. Die Idee geht auf die Zivilcourage von Heinrich Heine (1797 bis 1856) zurück: „Der Heine-Kreis versteht sich als eine offen strukturierte Gemeinschaft von Bürgern, die sich aktiv und gezielt für öffentliche Belange – insbesondere die der Landeshauptstadt Düsseldorf und der Region – einsetzt.“

Von Engagement keine Spur

Davon ist in der aktuellen Situation nichts zu sehen oder zu spüren. Überdies haben viele Mitglieder das Interesse an dem Verein und seine Vorträge und Aktivitäten verloren und glänzen durch Abwesenheit bei den Terminen. Ein Versuch von uns, mit einigen anderen für eine Wiederbelebung und Nachwuchsförderung zu sorgen, wurde bei einer Präsentation gemeinsam mit interessierten jungen, potenziellen Neumitgliedern boykottiert. Der Vorstand des Heine-Kreises unterstützte uns nicht, obwohl er am Findungsprozess beteiligt war.

Der Heine-Kreis hat unseres Erachtens seine gesellschaftlich-kritische Wächter-Aufgabe in der Tradition von Heinrich Heine extrem vernachlässigt. Heinrich Heine, selbst in einer jüdischen Familie geboren, würde sich unseres Erachtens über das laute Schweigen des Heine-Kreises zu den aktuellen Entwicklungen in Deutschland und Israel schämen. 

Kein Krach: Freundeskreise engagiert

Um zum Schluss auch Positives zu melden: Etliche Freundes- und Förderkreise der Düsseldorfer Kulturinstitute haben eine Anzeige in den Medien veröffentlicht (s. Bild).  Unter der Überschrift „Nie wieder ist jetzt“ schreiben sie u. a.: „Der bestialische Überfall der Terrororganisation Hamas auf die Menschen in Israel am 7. Oktober 2023 erschüttert uns zutiefst“. 

„Wir sind in Gedanken bei den Opfern der feigen Gewalttaten, bei ihren Angehörigen und bei allen, die derzeit um ihre Zukunft bangen. Der Terrorangriff hat auch Leid, Tod und Zerstörung über die Menschen in Gaza gebracht. Unsere Gedanken sind auch bei ihnen. Sie sind auch Opfer der Hamas …“

Solidarisch mit Israel

Weiter heißt es in der Anzeige. „Wir stehen solidarisch zum Staat Israel und seinen Menschen. Die Gewaltexzesse gegen die israelische Bevölkerung sind durch nichts zu rechtfertigen. Wer jetzt antisemitische Hetze verbreitet, stellt sich außerhalb unserer Gesellschaft. Wer Synagogen anzündet, von Jüdinnen und Juden bewohnte Häuser mit Davidsternen kennzeichnet und Jüdinnen und Juden körperlich und verbal bedroht und attackiert, wer sich auf Deutschlands Straßen oder im Netz mit Terror und Hass solidarisiert, wer zur Vernichtung des Staates Israel aufruft, verdient kein Verständnis“. 

Das seien Vergehen gegen die Menschlichkeit, denen man sich entschieden entgegenstelle, heißt es weiter: „Wir wollen und werden weiterhin das Miteinander in Vielfalt und Freiheit in unserer Gesellschaft fördern und beschützen“.

Die Unterzeichner der Anzeige

Hinter der Anzeige stehen folgende Freundeskreise: Anna Maria Luise de Medici e.V., Ballettfreunde der Deutschen Oper am Rhein e.V., Düsseldorfer Geschichtsverein e.V., Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte e.V., Förderverein Junges Schauspielhaus e.V., Freundeskreis Deutsche Oper am Rhein e.V., FreundeMuseum Kunstpalast e.V.,

 Freundeskreis Hetjens-Museum e.V., Freundeskreis Düsseldorfer Schauspielhaus e.V., Heinrich-Heine-Gesellschaft e.V., Freundeskreis Theatermuseum und Dumont-Lindemann-Archiv e.V., Vereinigung der FreundeSchloss undPark Benrath e.V., Freundeskreis Löbbecke-Museum +Aquazoo- Gesellschaft der Zoofreunde e.V., Freunde der ZEROfoundation Düsseldorf e.V.

Foto: Jamin / Screenshot Anzeige in der Rheinischen Post

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(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de

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