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Die UEFA-EURO-2024-Schande, Folge V: So sieht die Ausbeutung der 16.000 Volunteer-„Botschafter“ konkret aus

Während der UEFA Euro 2024 werden in zehn deutschen Großstädten 16.000 sogenannte Volunteers als ehrenamtliche Null-Euro-Jobber ohne jeglichen Verdienst beschäftigt. In einem Zeitraum, in dem die Euro 2024 GmbH mit einem Gewinn durch die Europameisterschaften in Höhe von 1,19 Milliarden Euro rechnet. 

Bei solchen Riesengewinnen und dem Einsatz von Ehrenamtlichen zum Nulltarif ist es sinnvoll, sich einmal damit zu beschäftigen, in welchen Bereichen diese 16.000 Ehrenamtler überhaupt eingesetzt werden und was sie während der Spiele alles machen müssen.

10 Großstädte machen mit

Ich habe bei den Presseämtern der zehn deutschen Großstädte angefragt, in denen die Europameisterschaften im nächsten Jahr ausgetragen werden. Dabei handelt es sich um Düsseldorf, Köln, Gelsenkirchen, Dortmund, Hamburg, Berlin, Leipzig, München, Stuttgart und Frankfurt. 

Sie alle sind Vertragspartner der Euro 2024 GmbH, werben mit markigen Werbesprüchen wie „Sei ein Botschafter für deine Stadt & dein Land!“ auf dieser Website und werden jeweils 1600 Volunteers einsetzen. 

Null Euro für 16.000 „Botschafter“

Nicht alle Presseämter schickten mir eine Antwort. Aber immerhin kann ich mir einen Überblick aus den Antworten mehrerer Großstädte verschaffen. Die Volunteers werden unter anderem in Bereichen wie Fahrdienst, Anti-Doping-Kontrollen, Verkehrsüberwachung oder Ticketkontrolle eingesetzt. 

Ich frage mich: Wenn diese Null-Euro-Mitarbeiter die „Botschafter der Städte und Deutschlands“ sind, was sind denn dann erst die Millionen-schweren Fußballspieler auf dem grünen Rasen? Die Könige der Städte und Deutschlands?

250.000 € für „Botschafter“ Lahm

Im Detail sieht das für das „Botschafter“-Heer der Volunteers nach arbeitsreichen Fußball-Wochen aus. Das Presseamt von Gelsenkirchen teilte mir mit: „Die Volunteer-Aufgaben sind sehr unterschiedlich und umfassen rund 70 verschiedene Aufgabenbereich. Dazu gehört das Begrüßen und Informieren der Zuschauer und Gäste. Sie weisen Wege und unterstützen den Transport der Gäste. Sie kontrollieren Zugänge und aktivieren Tickets. Sie stellen Akkreditierungen aus und unterstützen IT- und Technikbereiche.“

Vor dem Hintergrund dieser Jobbeschreibung für die Tausenden von „Botschaftern“ frage ich mich natürlich, in welchem Bereich nun der „offizielle Euro-2024-Botschafter“, Starfußballspieler Philipp Lahm, am besten eingesetzt wird? Als Ticketkontrolleur? Als Fahrer für den UEFA-Präsidenten, der jährlich geschätzt 2,7 Millionen Euro verdient? Der Ex-Kapitän der National-Elf 2014 in Brasilien, inzwischen Turnierdirektor, war nämlich der „offizieller Botschafter des Deutschen Fußball-Bundes um die Ausrichtung der EURO 2024“. Er kassierte für seinen „Botschafter“-Job  – wie mehrere Sportdienste berichteten – geschätzt 250.000 Euro.

Perfekt für Job geschult

Aus Hamburg erhielt ich folgende Mitteilung: „Bei der UEFA EURO 2024 erwarten die Volunteers mehr als 25 verschiedene Einsatzbereiche und Positionen, die es ermöglichen, hinter die Kulissen des Turniers zu blicken. Dazu zählen zum Beispiel Ticketing, Fan Welcome & Info oder Media Volunteers. Vor dem offiziellen Turnierstart und Einsatzbeginn wird jeder Volunteer für seinen Einsatzbereich geschult und kann dann perfekt vorbereitet ins Turnier gehen.“

Bayerns München teilte mir genau das auch mit, schrieb aber zusätzlich: „Die Volunteers werden aber auch im Stadtgebiet bei wichtigen Verkehrsknotenpunkten, Plätzen mit hohem Besucheraufkommen und in der Fanzone im Olympiapark eingesetzt.“ „Botschafter“ als Ordnungskräfte, „Oberbotschafter“ Philipp Lahm als Platzanweiser im Olympia-Stadion – welch‘ eine Ehre!

Volunteers unabdingbar

Vor dem offiziellen Turnierstart und Einsatzbeginn – so die Münchner Stadtverwaltung – werde „jeder Volunteer für seinen Einsatzbereich geschult und kann dann perfekt vorbereitet ins Turnier gehen. Die Volunteers sind für den reibungslosen Ablauf und das Gelingen der EM unabdingbar und werden damit zum Aushängeschild der UEFA EURO 2024 und der Host City München.“

In meiner Lieblingswohnstadt Düsseldorf teilte mir das Presseamt unter anderem mit: „Die Volunteers unterstützen als helfende Hände in mehr als 25 unterschiedlichen Bereichen in der Arena und in der Stadt. Darunter sind spannende Bereiche wie die Unterstützung bei Anti-Doping-Kontrollen, Fahr-Service der geladenen Gäste, Social-Media-Content generieren und sie können bei der Gestaltung der Eröffnungszeremonien unterstützen.“ 

Ehrenamt oder Lohnjob?

Bei solchen gewaltigen Tätigkeitsbeschreibungen wie „Die Volunteers sind für den reibungslosen Ablauf und das Gelingen der EM unabdingbar“ frage ich mich: Sind das nicht eher Lohnjobs, die angemessen bezahlt werden sollten, und weniger Jobs der Kategorie „Ehrenamt“? 

Sollten nicht gerade „Botschafter“ anständig bezahlt werden – so wie Starkicker Philipp Lahm? Auch frage ich mich, ob man hier auf Kosten der Volunteers etliche Millionen Euro sparen will, damit die UEFA möglichst viel, viel mehr als eine Milliarde Euro Gewinn mit der nächsten EM 2024 erwirtschaften kann?!

Keine Ehrenamtspauschale

Vom Bundesministerium der Finanzen erhielt ich jedenfalls zu den Vorgängen um die UEFA Euro 2024-Ehrenamtler schon mal eine interessante Information: „Die steuerfreie Ehrenamtspauschale kommt für gewinnorientierte Unternehmen (wie die Euro 2024 GmbH, d. Autor) nicht infrage“. 

Denkbar seien diese Pauschalen allenfalls bei steuerbegünstigten Organisationen. Bleibt die Frage: Dürfen gewinnorientierte Unternehmen wie die Euro 2024 GmbH überhaupt Ehrenamtler wie die 16.000 Volunteers beschäftigen? 

Fortsetzung folgt garantiert

Dazu gibt es eine Diskussion im Netz bei Wallstreet-online: Hier wird die Meinung vertreten, dass ein gewinnorientiertes Unternehmen keine Ehrenamtler beschäftigen darf. 

Konkrete Antworten gibt es hoffentlich bald vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales und von der Generalzolldirektion. Bei denen habe ich angefragt, was sie denn von den zweifelhaften Ehrenamts-Methoden der Euro 2024 GmbH und den zehn deutschen Großstädten halten. Eine Fortsetzung dieser Kolumnen-Serie folgt also am nächsten Freitag garantiert.

Folgende Kolumnen zum Thema habe ich bereits veröffentlicht:

Folge 1: 

Die UEFA-EURO-2024-Schande, Folge I: 16.000 Null-Euro-Jobber für die Spiele der Millionäre

Folge 2: 

Die UEFA Euro 2024-Schande, Folge II: DGB und LINKE für Bezahlung der Volunteers bei den Spielen der Millionäre

Folge 3: 

Die UEFA-EURO-2024-Schande, Folge III: Die LINKE entlarvt den Skandal der Millionärs-Spiele

Folge 4:

Die UEFA-EURO-2024-Schande Folge IV – NRW-GRÜNE, LINKE und DGB für Bezahlung der 16.000 Volunteers

Foto: Vorfreude auf die UEFA Euro 2024 in Düsseldorf: Stadtdirektor Burkhard Hintzsche (l.) mit (v.l.) Turnierdirektor Philipp Lahm, Botschafterin Célia Šašić, Markus Stenger (EURO 2024 GmbH), Guillaume Sabran (UEFA) und Mex Schär (EURO 2024 GmbH). Foto: Alexander Scheuber (Getty Images) for EURO 2024 GmbH

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(Zeitgleich veröffentlicht in meinem Freitags-Blog „Auf einen Cappuccino“ im Wirtschaftsportal Business-on.de

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